„Wir sollten uns Gedanken machen, wie wir unser Privileg einsetzen können, um Verantwortung für uns und unsere Gesellschaft zu übernehmen“. Das war einer der wichtigsten Sätze, die auf unserer diesjährigen MBS Absolventengala ausgesprochen wurden.
Warum? Weil dieser Satz sehr gut ausdrückt, welchen Werten wir – als Munich Business School – für zukünftige Fach- und Führungskräfte eine hohe Wichtigkeit zuschreiben: Verantwortlich für unsere Gesellschaft zu handeln und „über den eigenen Tellerrand“ hinauszublicken.
Als MBS geht es uns darum, in unseren Studiengängen aktuelles, relevantes und wesentliches Wissen aus den Bereichen Wirtschaft, Ökonomie und Gesellschaft zu vermitteln – und die Studierenden dazu anzuregen, sich dieses Wissen selbstständig zu erarbeiten, es zu diskutieren und zu hinterfragen. Wir versuchen, eine Lehr- und Lernatmosphäre zu schaffen, die es ermöglicht, sich theoretisches Wissen und praktische Fähigkeiten proaktiv und gemeinsam mit anderen anzueignen. Wir nennen das in unserer Werte-Agenda „gemeinsam Wissen schaffen“.
Wissen allein reicht nicht aus
Aber das ist uns nicht genug: Dieser Aspekt kann in einer Zeit der fortschreitenden Digitalisierung nur ein Baustein sein. Ganz im Sinne von: Exzellentes Fachwissen, gute und sehr gute Noten sind wichtig, aber das allein ist nicht ausreichend.
Beispielsweise belegt die aktuelle, im Auftrag des Unternehmens Linkedin von BITKOM Research durchgeführte Skills-Gap-Studie, dass zukünftig neben fachlichen Kenntnissen vor allem soziale Kompetenzen wie interdisziplinäres Denken, Unternehmergeist sowie Führungs- und interkulturelle Kompetenzen entscheidend sein werden, um in einer globalen und digitalen Welt erfolgreich zu sein. Themen, die sich alle in verantwortungsbewusstem Handeln widerspiegeln.
Hier setzen wir als Hochschule an: Wir möchten, dass unsere Studierenden als zukünftige Führungspersönlichkeiten nicht nur unternehmerisch denken, sondern sich auch durch ein verantwortungsvolles und nachhaltiges Denken und Handeln auszeichnen. Die Verantwortlichkeit im Rahmen der Gesellschaft können die Studenten bereits während ihres Studiums aktiv leben, zum Beispiel durch ein Engagement in studentischen Initiativen wie MBS helps e.V.
Im Studiengang Bachelor International Business verpflichten sich die Studierenden in Sozialprojekten oder durch ein ehrenamtliches Engagement im politischen, gesellschaftlichen, sozialen oder kulturellem Bereich. Hier lernen sie, was es heißt, sich verantwortungsvoll für schwächere oder weniger privilegierte Personen einzusetzen.
Wir möchten keine Studierenden ausbilden, die nach ihrem Studium alle den gleichen Weg einschlagen und die gleiche Definition von persönlichem Erfolg haben. Vielmehr geht es uns darum, die Persönlichkeitsentwicklung unserer Studierenden zu fördern und dadurch verschiedene individuelle valide Lebensentwürfe zur Ausprägung kommen zu lassen. Das schaffen wir durch Curriculum-Bestandteile wie Selbst-, Konflikt-, und Teammanagement, Kommunikations- und interkulturelle Trainings sowie Angebote und Kurse in Unternehmensverantwortung und Ethik.
Genau diese Punkte griff Tim Scherer, Bachelor-Absolvent 2016 und ehemaliger Studentensprecher, in seiner Abschlussrede auf der MBS Absolventengala auf. Aus seiner Rede stammt der erste Satz dieses Blogs.
Tim ist ein ausgezeichnetes Beispiel eines MBS Absolventen, der sich immer engagiert für seine Kommilitonen eingesetzt hat, Wissen nicht nur aufgenommen, sondern kritisch hinterfragt und jederzeit offenes und konstruktives Feedback gegeben hat. Ihn habe ich gefragt, was für ihn Erfolg bedeutet: „Für mich bedeutet Erfolg, sich hohe, ehrenwehrte Ziele zu setzen und diese durch eigenes und verantwortungsvolles Handeln zu erreichen. Für mich persönlich ist dabei neben dem beruflichen Erfolg wichtig, mir immer neues Wissen aneignen und mir zu gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen eine Meinung bilden zu können.“
Erfolg und Scheitern
Tims Abschlussrede zeigt die oben angesprochenen Facetten von verantwortlichem Handeln, unterschiedliche Definitionen von Erfolg und unsere MBS Werte in beeindruckender Weise. Daher möchte ich die Rede an dieser Stelle nochmals aufgreifen:
„Erstmal vielen Dank, dass ich heute Abend hier oben stehen darf. Ich habe noch nie so eine Rede gehalten, und in unserem Alter guckt man dann natürlich erstmal auf YouTube, was erzählen denn andere Leute so. Dabei ist mir ein Satz in Erinnerung geblieben. Joanne K. Rowling sagte bei einer Rede an die Harvard Class of 2008: ‚Many of you might be driven from a fear of failure quite as much as a desire for success‘. Der Satz hat mich zum Nachdenken gebracht.
Nun heißt Scheitern für unterschiedliche Leute Verschiedenes. Für viele Leute hat Scheitern dramatische Konsequenzen: Wenn ein Syrer vor dem Krieg in seinem Land flüchtet und die Flucht scheitert, droht ihm der Verlust seiner Existenz. Wenn jemand daran scheitert, Wohlstand für seine Familie aufzubauen, können die Kinder möglicherweise nicht aufs College. Für uns bedeutet Scheitern weniger Dramatisches.
Dennoch ist es so, dass dem Begriff Scheitern etwas Endgültiges anhaftet. Eine andere mögliche Übersetzung von ‚failure‘, Versagen, geht noch tiefer, es ist persönlich.
Um diesem Scheitern aus dem Weg zu gehen, versucht man, die Aufgaben kleiner zu gestalten: Man macht seinen Bachelor, macht Praktika, um Leute davon zu überzeugen, dass man gut genug ist, für sie zu arbeiten. Man macht vielleicht den GMAT, um einer bestimmten Uni zu zeigen, dass man gut genug ist, um an ihr den Master zu machen. Anschließend bewirbt man sich bei einer Wirtschaftsprüfung oder einer Consulting-Firma. Man hat einen guten Lebenslauf, die Chance ist hoch, dass man irgendwo genommen wird.
Mit diesem Vorgehen lässt sich die Gefahr des Scheiterns minimieren. Man versucht, die Komplexität des Lebens zu umgehen, indem man das Leben als Checkliste betrachtet.
Nun heißt auch Erfolg für unterschiedliche Leute Unterschiedliches. Für manche Leute heißt es, sich aus Armut zu befreien oder in der Lage zu sein, ihre Kinder auf die Uni zu schicken. Für die meisten von uns heißt Erfolg etwas anderes. Wir sind privilegiert, wir müssen uns keine Sorgen über ein Dach über dem Kopf machen, über unsere Sicherheit und die unserer Familie, wir haben keine finanziellen Sorgen. Wir besitzen all das schon, wofür andere Leute arbeiten, andere Leute kämpfen. Für uns heißt Erfolg Selbsterfüllung, Anerkennung der Gesellschaft, Verantwortung übernehmen.
Aber lässt sich diese Art von Erfolg erzielen, wenn man sein Leben mit seinem Lebenslauf gleichsetzt? Ich weiß es nicht. Ich stehe noch am Anfang vom Leben, mir fehlt die Lebenserfahrung, die unsere Eltern, die viele unserer Professorinnen und Professoren haben. Ich weiß nicht, wie man sein Leben richtig oder falsch lebt. Ob es sowas überhaupt gibt, richtig oder falsch leben. Ich denke, den meisten von uns geht es so.
Ich erkenne aber, dass Joanne K. Rowling Recht hat, wenn sie sagt, dass viele von uns ebenso sehr von der Angst vor dem Scheitern angetrieben werden wie vom Anstreben des Erfolgs. Wir beginnen, für uns Erfolg als Abwesenheit des Scheiterns zu definieren und sind uns dessen wahrscheinlich gar nicht bewusst.
Unsere Umwelt trägt ihren Teil dazu bei, auch wenn sie es gut meint. Wenn einem von Seiten der Uni die Wichtigkeit des Networkings beschrieben wird, entsteht in unserem Kopf das Bild der vorgezeichneten Linien und Wege, die man ohne Risiko gehen kann, die ein Scheitern verhindern sollen.
Wir sollten alles mitnehmen und aufsaugen, was wir hören und sehen und gesagt und beigebracht kriegen, aber wir müssen es kritisch bewerten und uns von der Angst vor dem Scheitern freimachen. Wenn wir scheitern, haben wir ein Netz, das uns auffängt. Wir haben unsere Familien. Oder unsere Freunde. Freunde, die wir zum Teil während des Studiums hier kennengelernt haben und die möglicherweise für immer gute Freunde bleiben. Das ist wichtig. Wenn wir mal Scheitern, sind die Konsequenzen wenig dramatisch.
Wir sollten uns nicht von einer unterbewussten Angst vor dem Scheitern treiben lassen. Wir sollten von Größerem träumen als vom nächsten und vom übernächsten Schritt im Lebenslauf. Wir sind jung und super ausgebildet. Wir müssen nicht den einfachsten, den sichersten Weg gehen. Wenn wir scheitern, sollten wir uns sagen, ‚You failed, you try again‘. Wir sollten in diesem Moment, heute Abend, wo uns alle Türen zur Welt da draußen offenstehen, daran zurückdenken, was wir mal geträumt haben, was wir mal werden und erreichen wollten. Wir sollten uns Gedanken machen, wie wir unser Privileg einsetzen können, um Verantwortung für uns und unsere Gesellschaft zu übernehmen. Wir sollten herausfinden, was der Begriff Erfolg für uns bedeutet und danach streben. Vielen Dank!“