Wo der Kunde König ist: Teil 3 – Das Geschäft mit der Mobilität

Neue Geschäftsmodelle im Bereich der Mobilität sprießen förmlich aus dem Boden. Die Angebote sollen vor allen Dingen die Fortbewegung in den Großstädten vereinfachen, beschleunigen sowie zu einem steten Verkehrsfluss beitragen. Nachdem Sie bereits in Teil 1 und Teil 2 über kundenzentrierte Servicestrategien und deren praktische Umsetzung lesen konnten, berichte ich nun, basierend auf der Masterarbeit von Yekatherina Khorunzhaya, über die Entstehung von neuen Mobilitätsangeboten und stelle Ihnen einige Beispiele vor.

Neue Geschäftsmodelle auf den Weg gebracht

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In Deutschland gibt es mehr als 140 Anbieter, deren Geschäftsmodelle im Kontext vernetzter Mobilität stehen. So sollen beispielsweise Fahrzeuge zukünftig mehr miteinander, mit anderen Verkehrsteilnehmern und mit den Verkehrsleitsystemen kommunizieren können. Ein weiterer Wachstumsmarkt sind beispielsweise neue Mobilitätsangebote, die es dem Kunden ermöglichen Fahrzeuge zu teilen. In dieser Form wachsen die Mobilitätsanbieter unterschiedlich schnell. Einige, wie beispielsweise car2go oder DriveNow, konnten bereits die Gewinnschwelle erreichen. Ihr Angebot umfasst neben den eigenen Produkten auch weitere Services und multimodale Mobilitätsleistungen. So können beispielsweise Parkplätze mittels einer Smartphone App reserviert werden und Fahrzeuge mit unterschiedlichen Lademöglichkeiten stehen in ausreichender Zahl zur Verfügung.

Kundenverständnis als Basis

Bevor neue Geschäftsmodelle auf den Weg gebracht werden können, müssen Anbieter ihre potenziellen Kunden verstehen lernen – Motivatoren, Wünsche und Wertschöpfung für den Kunden müssen genauestens analysiert werden. Zu Beginn werden die Dienstleistungen differenziert. Hierbei spielen sechs Komponenten eine entscheidende Rolle: Leistungsfähigkeit, Qualitätsvorteile, Reaktionsschnelligkeit, Vollständigkeit, Verfügbarkeit und die konkrete Integration des Angebots in kundenspezifische Aktivitäten. Es geht darum, die Bedürfnisse der Nutzer aufzuspüren und in den Fokus zu rücken – und gezielt darauf zu reagieren. Insbesondere die jüngere Generation gilt es zu gewinnen, denn Investitionen in andere Dinge stehen in der Priorität häufig vor einem Autokauf. Dazu stellen sich die Mobilitätsdienstleister Fragen wie „Über welche weiteren Kanäle können Kunden erreicht werden?“, „ Wie  können leer stehende Parkplätze genutzt werden?“ oder „Wo soll die nächste Ladesäule aufgebaut werden?“. Ziel ist es, ein möglichst einfaches, günstiges und gleichzeitig effektives Konzept zu erarbeiten.

Etablierung des Geschäftsmodells

Die Gründung neuer Mobilitätsanbieter zeigt, dass sich das Geschäftsmodell vom Nischenprodukt zur massentauglichen Dienstleistung hin entwickelt, und damit etabliert hat. Im Rahmen einer Studie der Masterarbeit von Frau Khorunzhaya konnte in 100 Interviews eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt werden. Hierbei sollte das Nutzenpotenzial je Mobilitätsbedarf ermittelt werden. Im Zentrum der Analyse stand die „Customer Journey“.  Ziel war es, das Nutzerverhalten besser kennenzulernen und daraufhin die Mobilitätsangebote (car2go, DriveNow, Flinkster und StadtMobil) in Deutschland zu analysieren. Hierbei konnte man feststellen, dass für den Mobilitätsbedarf „Business“ (Fahrten im geschäftlichen Bereich) und „Leisure“ (Fahrten zu Freizeitaktivitäten) die Mobilitätsangebote StadtMobil und Flinkster  aufgrund des Services und Preises am ehesten in Frage kommen. Lediglich für den Mobilitätsbedarf „Education“ (Fahrten zur Universität), konnte kein passendes Angebot ermittelt werden.

Beispiel 1: Daimler gründet eine Tochtergesellschaft

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Immer mehr Geschäftsmodelle im Mobilitätsbereich entstehen. Die Kundennachfrage steigt. „Insbesondere in Großstädten wollen heutzutage immer mehr Kunden flexibel mobil sein- und wir bieten ihnen die Möglichkeit dazu. Wir wollen eine der ersten Adressen für innovative Mobilitätsdienstleistungen werden“, erklärte Daimler zur Gründung der Tochtergesellschaft Daimler Mobility Services GmbH. Bereits 2011 übernahm das Unternehmen die Zuständigkeit für das von der konzerneigenen Innovationsschmiede ‘Business Innovation‘ entwickelte Mobilitätskonzept car2go. Mit dem innovativen Mobilitätskonzept car2go hat sich Daimler binnen kürzester Zeit zum weltweit führenden Anbieter im Bereich flexibler Carsharing-Modelle entwickelt. Zählte car2go Ende 2011 60.000 Kunden, sind es aktuell schon 900.000 – in 29 Städten weltweit. Und die Services werden für die Kunden immer weiter ausgebaut. Mit der App „Moovel“ kann der Nutzer Verkehrskonzepte wie das Taxi, öffentliche Verkehrsmittel und car2go auf Fahrtdauer und Kosten vergleichen.

Beispiel 2: BMW „DriveNow“ mischt mit beim großen Car-Sharing

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BMW und Sixt gehören mit „DriveNow“ zu den Großen der Branche. Ganz nach dem Stichwort „Moderne Mobilität“ können sich Nutzer einfach online registrieren, die „DriveNow“-ID abholen und damit den Fahrzeugpool nutzen. Per App suchen und reservieren die Fahrer das für ihre Zwecke passende Fahrzeug. Großer Vorteil: Es gibt keine festen Mietstationen. Im gesamten Geschäftsgebiet können die Autos überall und zu jederzeit abgestellt werden. Aktuell kann man „DriveNow“ in fünf deutschen Städten sowie in San Francisco nutzen. Zusatzkosten entfallen, denn Benzinkosten, Versicherungen, Kfz-Steuer und Parktickets sind inklusive. Im Schnitt sollen auf jedes Auto circa 70 Fahrer kommen.

Die Zukunft wird zeigen, welche Mobilitätsangebote Fuß fassen werden und welche nicht. Schaffen sie es allerdings die Fortbewegung vor allem in Großstädten zu beschleunigen und zu vereinfachen, dann ist ein großer Schritt  in die richtige Richtung getan.

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Über Prof. Dr. Hans H. Jung 50 Artikel
Hans H. Jung ist seit 2012 Professor für das Lehrgebiet Marketing an der Munich Business School. Nach seiner Promotion war Jung mehrere Jahre als Manager und Berater für Premium-Automobilhersteller im In- und Ausland tätig. Seit 2011 arbeitet er als Senior Manager bei der Managementberatung UNITY AG.