Bis zum Ende des Jahrzehnts wird mehr als die Hälfte der Menschheit digital vernetzt leben, lernen und arbeiten. Dieser Teil der Menschheit verwendet Schlagworte wie Social Media, mobile, webbasierte Applikationen, Industrie 4.0, digitale Geschäftsmodelle, Internet der Dinge, Big Data etc., um dieses Phänomen zu beschreiben, das unser tägliches Leben als Individuum und Teil einer globalen Gesellschaft beeinflusst.
Während die digitale Vernetzung für viele von uns bereits allgegenwärtig und zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, ist sie für andere mit weitreichenden Herausforderungen oder sogar existenziellen Ängsten verbunden. Die Menge an Daten und Informationen, die unsere Vorfahren vor mehr als einhundert Jahren über den gesamten Lebenszyklus erreichte, überflutet heute digital vernetzte Menschen an einem einzigen Tag.
Digitale Transformation – ein globaler Megatrend
Digital vernetzt zu sein verändert substanziell die Art und Weise, wie Unternehmen im Wettbewerb erfolgreich sind. Mit dem Forschungsfeld Digitalisierung greift die Munich Business School einen globalen Megatrend auf, der eine wirtschaftliche Kraft entwickelt, die mindestens mit der Erfindung der Dampfmaschine bzw. der Automatisierung der industriellen Produktion gleichzusetzen ist. Digitale Transformation wird alle Branchen betreffen und die Anforderungen an Innovationsfähigkeit und -geschwindigkeit deutlich verschärfen.
Intelligente technische Systeme, die über das Internet der Dinge und der Dienste miteinander vernetzt sind, bilden die Grundlage zur Gestaltung neuer Geschäftsmodelle und innovativer Wertschöpfungsstrukturen im Rahmen einer zukunftsorientierten Ausrichtung von Unternehmen auf allen Stufen der Wertschöpfung. Von besonderer Bedeutung wird die Intelligenz der Systeme sein, die adaptive, robuste, vorausschauende und besonders benutzungsfreundliche Anwendungen in allen Branchen ermöglichen.
Da die digitale Transformation künftig alle Bereiche des Lebens und Arbeitens betreffen wird, ist es der Munich Business School besonders wichtig, dass die Absolventen im Laufe ihres Studiums die Kompetenz erlangen, Digitalisierung zu bewerten und verantwortungsvoll die Gestaltungsdimensionen planen, steuern und beherrschen zu können.
Die Digitalisierung in der Fitnessbranche
Dies spiegelt sich auch in den Forschungsfragen der Abschlussarbeiten wieder, die aktuell an der MBS bearbeitet werden. Beispielsweise hat Beatrice Mazzucco in ihrer Masterarbeit die voranschreitende Digitalisierung und deren Auswirkungen auf die Fitnessbranche untersucht. Der ohnehin stark wachsende Fitnessmarkt [1] wird einerseits durch Wearables und andererseits durch digitale Fitnessinhalte in zahlreichen Online-Fitnessstudios und Fitness-Applikationen (kurz: Apps) ergänzt.
Ende 2014 waren in Deutschland, dem Land mit der höchsten Anzahl an Fitnessclub-Mitgliedern in Europa, rund 9 Mio. Mitglieder in über 8.000 Fitness- und Gesundheitsanlagen angemeldet. Gemessen an der Penetrationsquote – dem Verhältnis von Fitnessstudio-Mitgliedern zu den Einwohnern eines Landes – liegt Deutschland mit 11,2% trotz der hohen absoluten Zahl relativ gesehen lediglich im europäischen Mittelfeld (Norwegen 19,6%, Schweden 16,6% und Niederlande 16%) [2].
Dennoch setzte die Branche 2014 ihren kontinuierlichen Wachstumstrend der letzten Jahre um 6,1% fort. Zum selben Zeitpunkt waren bereits 358.000 Personen in Online-Fitness-studios registriert, von denen ca. ein Fünftel eine monatliche Gebühr zwischen fünf und 15 Euro bezahlte[3]. Auch diese Anzahl wächst beständig.
Digitale Endgeräte als Personal Trainer
Das Online-Angebot ist sehr vielfältig und die Anwendung per Smartphone, Tablet, Laptop oder TV für viele Nutzer selbstverständlich. Unterschiedlichste Trainingseinheiten (oder auch Workouts) können zu jeder Zeit abgerufen und Übungen detailliert angesehen werden. Digitale Endgeräte übernehmen zunehmend die Rolle des Personal Trainers. Wer trainieren will, benötigt nur die richtige Fitness-App. Als erfolgreiches Beispiel gilt Freeletics aus München, die mit ihrer Fitness-App für hoch intensive Workouts mit Eigengewichtsübungen nach rund zweieinhalb Jahren bereits über fünf Millionen Nutzer weltweit begeistern konnten [4]. McFit, die größte Fitnesskette Europas, hatte 2013 vergleichsweise nur rund 1,2 Millionen Mitglieder [5]. Ein weiterer Nutzen der Freeletics-App ist, dass sie auch als Kommunikationsplattform für gemeinsame Fitnesseinheiten im Freien dienen kann und somit eine einfache Möglichkeit für die Bildung von Trainingsgruppen für einzelne Sportler bietet.
Eine Verbindung entsprechender Apps mit Wearables und Fitness-Trackern steigert unter anderem die Attraktivität für Nutzer im Ausdauerbereich. Es werden Streckenprofile geleisteter Lauf- und Fahrradeinheiten per GPS-Funktion aufgezeichnet. Neben Angaben zu Distanz, Tempo, Dauer, verbrannten Kalorien und Herzfrequenz bieten die Apps viele weitere Möglichkeiten zur Unterstützung und Trainingsgestaltung. So besteht auch die Option, Trainingspläne zu integrieren. Des Weiteren erlaubt die Software eine direkte Auswertung und graphische Aufbereitung der geleisteten Trainingsleistung. Angenehme Erweiterungen wie die Auswahl der Wiedergabeliste passend zu den jeweiligen Trainingseinheiten runden das Angebot der Fitness-Applikationen ab. Eine etablierte und beliebte App für Ausdauersportler stellt derzeit Runtastic dar [6].
Infolge des wachsenden Fitness- und Gesundheitstrends steigt auch der Anteil der Verbraucher, deren Lebensstil auf Gesundheitsbewusstsein und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Die gesamte LOHAS-Zielgruppe (Lifestyle of Health and Sustainability) hat sich zwischen 2007 und 2015 um rund ein Viertel vergrößert [7].
Neue Herausforderungen für die Branche
Aufgrund des breit gefächerten Online-Angebotes halten es viele Konsumenten nicht mehr für notwendig, das Training im Fitnessstudio zu absolvieren. Die steigende Nachfrage an Fitnessalternativen außerhalb der stationären Fitnessstudios stellt die Branche vor neue Herausforderungen. Der ohnehin stark wettbewerbsorientierte Markt wird speziell durch den Einfluss neuer digitaler Technologien und der daraus hervorgehenden veränderten Konsumentenwünsche nachhaltig vorangetrieben. Die Herausforderung der Fitnessstudios besteht darin, die neuen potentiellen Wettbewerber als solche zu erkennen und dementsprechend richtig zu handeln.
Analyse: Digitale Transformation in der Fitnessbranche
Beatrice Mazzucco hat im Rahmen ihrer Masterarbeit das Thema digitale Transformation im Bereich der Fitnessbranche aufgearbeitet und analysiert. Sie hat untersucht, welche Auswirkung die fortschreitende Digitalisierung auf den Fitnessmarkt hat und welche Entwicklungen hieraus resultieren. Die Frage ist, ob und in wie weit bestehende Fitnessstudios ihr Geschäftsmodell hinterfragen und bei Bedarf anpassen müssen und in wie weit das Online-Angebot eine Konkurrenz darstellt.
Forschungsfrage 1: Inwieweit stellen die digitalen Fitnessangebote einen direkten Wettbewerb zu den stationären Fitnessstudios dar?
Forschungsfrage 2: Welche Zielgruppen nutzen vorzugsweise das Online-Angebot und welche das Offline-Angebot?
Forschungsfrage 3: In welchem Maß müssen Fitnessstudios ihr konventionelles Geschäftsmodell hinterfragen und bei Bedarf umstrukturieren?
In einer Online-Umfrage mit 157 Teilnehmer/-innen belegt Beatrice Mazzucco, dass digitale Fitnessangebote Auswirkungen auf die Fitnessbranche haben und als Wettbewerber zu den konventionellen Fitnessstudios angesehen werden müssen. Die Ergebnisse der Online-Umfrage zeigen, dass digitale Fitnessanbieter gerade in Bezug auf Datenerhebung und -auswertung deutliche Vorteile gegenüber den klassischen Fitnessstudios haben. Die Fitness-Apps sammeln persönlichen Daten, dokumentieren Trainingseinheiten und bereiten diese sowohl für den Kunden, als auch für eigene unternehmerische Zwecke statistisch auf. Wearables können dabei über digitale Schnittstellen zusätzliche Daten wie beispielsweise Herzfrequenz, Kalorienverbrauch oder GPS-Daten an die Apps übermitteln. Des Weiteren profitieren die Online-Anbieter von ihren flexiblen und individuellen Trainingsangeboten.
Klassische Fitnessstudios hingegen bieten aus Sicht der Studienteilnehmer bisher noch keine ausreichenden Möglichkeiten der digitalen Trainingsdokumentation an. Selbst die Kernkompetenz der Fitnessstudios, nämlich die Bereitstellung der Fitnessgeräte, verlangt nach einer Weiterentwicklung im Zuge der Digitalisierung.
Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse rät Beatrice Mazzucco in ihrer Masterarbeit zu einer digitalen Transformation und Umstrukturierung der bestehenden Geschäftsmodelle. Sie hat dementsprechend ein Strategiekonzept sowie ein Marketingprogramm entwickelt, um Anregungen und Empfehlungen für einen solchen Wandel aufzuzeigen.
[1] DSSV, Deloitte. (n.d.): Mitgliederzahl der deutschen Fitnessclubs von 2004 bis 2014 (in Millionen). In Statista – Das Statistik-Portal. Zugriff am 25.01.2016, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/5966/umfrage/mitglieder-der-deutschen-fitnessclubs.
[2] Deloitte, Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. (2014): Der deutsche Fitnessmarkt. Ausgabe 2014.
[3] Ebd.
[4] Freeletics GmbH. Freeletics at a glance. Zugriff am 25.01.2016, von https://press.freeletics.com/en/.
[5] Handelsblatt. (n.d.): Größte Fitnessketten in Europa nach Anzahl der Mitglieder (Stand: 2013). InStatista – Das Statistik-Portal. Zugriff am 16.02.2016, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/5555/umfrage/die-groessten-fitnessketten-europas/.
[6] Computer Bild (n.d.): Lauf-Apps im Test. Zugriff am 17.02.2016, von http://www.computerbild.de/fotos/cb-News-Handy-Apps-Smartphone-Android-iPhone-iPad-9920569.html#9.
[7] GfK. (n.d.): Anteil der Verbraucher mit umwelt- und sozialethischer Konsumhaltung (LOHAS) in Deutschland in den Jahren 2007 bis 2015. In Statista – Das Statistik-Portal. Zugriff am 07.07.2016, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/270686/umfrage/haushalte-mit-umwelt-undsozialethischer-konsumhaltung-in-deutschland/.