Trotz der uns umgebenden Informationsfülle spielt unsere Intuition immer wieder eine zentrale Rolle. Prof. Dr. Christian Schmidkonz und MBS-Absolvent Patrick Stütz geben eine Definition für Intuition, diskutieren den Zusammenhang zwischen Intiuition und Erfahrung und erläutern, warum intuitive Entscheidungen auch in der Geschäftswelt Berechtigung haben.
Dank Digitalisierung und Globalisierung wird es in der heutigen Geschäftswelt als immer wichtiger angesehen, schnelle Entscheidungen zu treffen. Doch obwohl es nie einfacher war, sich mit umfassenden Informationen für eine Entscheidung zu versorgen, gibt es im Leben immer wieder Situationen, in denen nicht alle benötigten Hintergrundinformationen für eine Entscheidung vorhanden sind – oder es anders herum sogar zu viele Informationen gibt, sodass wir nicht in der Lage sind, diese überhaupt zu verarbeiten. An diesem Punkt spielt unsere Intuition immer wieder eine zentrale Rolle; unser Bauchgefühl, das in schwierigen Entscheidungssituationen spürbar ist und die Entscheidung an sich beeinflussen kann. Expert*innen sind sich zwar einig, dass so etwas wie Intuition existiert, jedoch konnte man sich bisher nicht auf eine allgemeingültige Definition einigen. Für nahezu jeden Menschen hat dieses Phänomen eine andere Bedeutung und drückt sich anders aus.
Wenn man die generellen Erkenntnisse der Literatur betrachtet und kombiniert, kann unter Intuition Folgendes verstanden werden:
„Intuition ist ein fortlaufender Prozess, welcher ohne Kenntnis des*der Nutzer*in abläuft. Dieser Prozess kombiniert Erfahrung mit Wissen, dessen Herkunft nicht genau festgestellt werden kann. Jedoch kann dieses Wissen für Entscheidungen herangezogen werden, auch wenn es noch nie zuvor thematisiert wurde. Aus diesem Grund vereint Intuition nicht nur Erfahrungen, sondern auch Annahmen aus der Evolution. Jede Person agiert jeden Tag intuitiv, es gilt, diese Intuition bei sich zu entdecken und zu nutzen.“
Intuition und Emotion
In vielerlei Hinsicht gibt es Zusammenhänge zwischen Intuition und Emotion. Meist werden diese als eher störend für die korrekte Funktion der Intuition angesehen. Jedoch müssen hier zwei unterschiedliche Bereiche der intuitiven Emotion unterschieden werden. Ein Bereich, in dem die Entscheidung durch Emotionen unmittelbar beeinflusst wird, ist beispielsweise eine Bewerbungssituation, die durch die persönliche Zuneigung oder Ablehnung des*der Entscheider*in zum*zur Bewerber*in geprägt ist. Ein anderer Bereich agiert als Indikator für die Einbringung von Intuition bei Entscheidungen. Viele Personen beschreiben dies als eine Art Bauchgefühl, das man tatsächlich empfinden und auch wissenschaftlich nachweisen kann, worauf eine neurophysiologische Studie von Dane, Rockmann & Pratt aus dem Jahr 2012 verweist.
Zusammenspiel zweier Systeme
Einige der grundlegenden Forschungsarbeiten in der Wirtschaftspsychologie und speziell auch im Bereich der Intuition wurde durch Daniel Kahneman durchgeführt. Der Wirtschaftsnobelpreisträger von 2002 beschreibt Intuition als Teilbereich in unserem Gehirn, der sehr schnell und durchaus undurchdacht handelt. Dieser wird komplettiert durch ein langsameres System, das nach einem Hinterfragen der Reaktion des schnellen Systems zu einer genaueren Entscheidung kommt. Beide Systeme sind gegenseitig voneinander abhängig und arbeiten zusammen. Eine von beiden Systemen getroffene Entscheidung geschieht in äußerst geringer Zeit. In den oben beschriebenen Situationen kann es nun durchaus zu intuitiven Entscheidungen kommen, nämlich dann, wenn die Logik des langsameren Systems nicht eingreift oder sogar die schnelle Reaktion des ersten Systems bestätigen würde.
Das ganze System der Intuition ist, wie zahlreiche Untersuchungen zeigen, eng mit gesammelten Erfahrungen verbunden. Die Erfahrungen, die ein*e Entscheidungsträger*in durch vergangene Situationen gesammelt hat, tragen zur kontinuierlichen Verfeinerung des intuitiven Gespürs bei. Hierbei kann man auch lernen, von einer rückblickenden Evaluation seiner Entscheidungen zu profitieren und seine Intuition zukünftig gezielt einzusetzen. Im Gesamtverhältnis werden intuitiv getroffene Entscheidungen meistens als positiv bewertet, auch wenn es schwierig ist, dies empirisch zu bestätigen.
Trotz einer im Grunde einheitlichen Meinung von Forscher*innen zum Zusammenspiel von Intuition und Erfahrung, die von einer direkten Verknüpfung von beidem ausgehen und Erfahrung als Basis und gleichzeitig Ursprung von Intuition ansehen, gibt es gewisse Anhaltspunkte, die dieses Konzept in seiner Eindeutigkeit anzweifeln. Es stellt sich die Frage, wann und wie sehr Erfahrungen aus der Vergangenheit Intuition als Entscheidungsgrundlage beeinflussen?
Prinzipiell wird jeder Mensch mit Intuition geboren, nur kann man diese nicht sofort nutzen und muss sie erst für sich entdecken. Im Gegensatz hierzu ist der Mensch nicht von Geburt an mit Erfahrung ausgestattet, sondern sammelt diese erst im Laufe seines Lebens. Wie kann es also sein, dass beide Systeme zwangsläufig miteinander verbunden sind? Könnte es nicht sein, dass die gesammelten Erfahrungen ab einem gewissen Punkt die reine Intuition überlagern und sich der*die Entscheider*in nur auf vergangene Erfahrungen beruft, da er deren Ausgang kennt? Selbstverständlich möchte der*die Entscheider*in nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen und wird sich bei gleichen Rahmenbedingungen anders entscheiden, aber wieso sollte dies dann rein intuitiv geschehen? Reine Intuition spielt sich normalerweise in Situationen ab, in denen der*die Entscheider*in keinerlei Erfahrung im geforderten Themenfeld besitzt. Aus diesem Grund muss die Person auf ihren „Bauch“ vertrauen, ihre Intuition einsetzen und kann ganz im Gegenteil nicht auf die bisherigen Erfahrungen zurückgreifen, da sie diese nicht besitzt.
In einer kürzlich durchgeführten Untersuchung im Rahmen einer Masterarbeit zum Thema Intuition-Based Management – Analysis of Intuition as an Influencing Factor for Business Decisions an der Munich Business School wurden erste Anhaltspunkte dieser Argumentation bestätigt. Dieses Ergebnis muss jedoch mit Bedacht betrachtet werden, da die Anzahl der zugrundeliegenden Befragungen relativ gering war. Allerdings lässt sich daraus erkennen, dass es in der Praxis durchaus alternative Meinungen zum vorliegenden Forschungsstand gibt, diese jedoch nur mithilfe weiterer Untersuchungen genauer verifiziert werden können.
Intuition nutzen
In vielen Untersuchungen wie auch in den Expert*innengesprächen der Masterarbeit hat sich klar herausgestellt, dass Intuition in der heutigen Geschäftswelt eine große Rolle spielt. Manche Menschen sehen darin auch den Unterschied zwischen Manager*in und Leader: Ein*e Manager*in verlässt sich demnach auf konkrete Fakten, wie zum Beispiel Excel-Daten, während ein Leader auch gewillt ist, in gewissen Situationen intuitiv zu entscheiden – auch wenn dies ein Risiko mit sich bringen kann. In diesem Sinne ist es nie zu spät: Nutzen Sie Ihre Intuition und lernen Sie diese durch intuitive Entscheidungen richtig kennen!
Quellen:
- Dane, E., Rockmann, K. W., & Pratt, M. G. (2012). When should I trust my gut? Linking domain expertise to intuitive decision-making effectiveness. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 119(2), p. 188.
- Kahneman, D. (2011). Thinking, fast and slow.
- Khatri, N., & Ng, H. A. (2000). The Role of Intuition in Strategic Decision Making. Human Relations, 53(1), 57-86. doi:10.1177/0018726700531004
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