Analyse der Einführung eines neuen Werte- und Steuerungssystems bei ZF Friedrichshafen nach der Übernahme von TRW Automotive in der Post-Merger-Phase
Seit Anfang der 90er Jahre steigt die Anzahl an Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen, auch Mergers & Acquisitions genannt (M&A), stetig. Sie prägen immer häufiger die Unternehmenslandschaft und nehmen eine wichtige Rolle in unserem Wirtschaftsgeschehen ein. Im Zuge von globalen Megatrends wie Digitalisierung, demografischer Wandel, Urbanisierung, Klimawandel und der kontinuierlich steigenden Wettbewerbsintensität schließen sich Wirtschaftsunternehmen immer häufiger zusammen, wodurch dieser Trend beschleunigt wird. Auch die Liberalisierung von Fusionsregelungen, die Weiterentwicklung und die Deregulierung der Finanzmärkte tragen ihren Teil dazu bei, dass Unternehmenskäufe und -verkäufe an Bedeutung gewinnen (Wirtz, 2016, S. 4).
Zusammenschlüsse finden innerhalb von Industrien, aber auch branchen- und sogar länderübergreifend statt. Vor allem Übernahmen mit starker interkultureller Ausprägung, wie Daimler-Chrysler, Vodafone-Mannesmann oder aktuell Bayer-Monsanto, haben nicht nur an den Finanzmärkten für viel Aufsehen und Schlagzeilen gesorgt, sondern auch in der Öffentlichkeit. Für solche Akquisitionen wurden häufig extrem hohe Preise bezahlt, die mit den bisherigen Bewertungsmethoden kaum erklärbar sind (Zeit Online, 2016).
In zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen wird belegt, dass ein großer Teil von Unternehmenszusammenschlüssen und -übernahmen scheitert. Die Erfolgsquote von M&A liegt bei lediglich 56 Prozent (Wirtz, 2016, S. 5). Die sogenannten „weichen“ Faktoren werden im Rahmen des M&A-Prozesses oft zu wenig beachtet und ihre Bedeutung wird oftmals noch unterschätzt.
Fast 25 % aller M&A scheitern aufgrund einer schlechten Integration (Strohmer 2001, S. 8). Die meisten Bewertungsmethoden zielen vorwiegend auf materielle, messbare Werte der Unternehmen, sogenannte „harte“ Faktoren, ab. Die sogenannten „weichen“ Faktoren wie Kommunikation, Mitarbeiter und Kultur werden im Zuge einer Integration oft vernachlässigt, spielen in der Post-Merger-Phase allzu oft eine eher untergeordnete Rolle.
Doch gerade diese „weichen“ Faktoren beeinflussen das Ausmaß des Unternehmenserfolgs. Sie geben dem Unternehmen eine Identität. Faktoren wie die Unternehmenskultur beinhalten sämtliche geteilte Werte und Normen. Sie beeinflussen das Verhalten aller Mitarbeiter und deren Denkhaltung auf unterschiedlichen Hierarchieebenen und prägen auch das Erscheinungsbild der Unternehmung (Kobi & Wüthrich, 1990, S. 34). Dadurch haben sie letztlich auch eine große Wirkung auf den Erfolg des Unternehmens (Berthel & Becker, 2003, S. 535).
Herausforderungen der kulturellen Integration in der Post-Merger-Phase
Die ZF Friedrichshafen AG hat am 15. Mai 2015 den amerikanischen Automobilzulieferer TRW Automotive für 12,5 Milliarden USD übernommen und steht nun vor den Herausforderungen der kulturellen Integration in der Post-Merger-Phase. Es gilt, die beiden Unternehmen mit ihren unterschiedlichen Unternehmenskulturen zu harmonisieren. Um dies zu erreichen, hat das Unternehmen Anfang 2017 das neue ZF Management System und die ZF Charta eingeführt.
Das Ziel der Masterarbeit von Verena Hüni war es herauszufinden, wie die Unternehmenskultur der ZF Friedrichshafen AG nach dem Zusammenschluss mit TRW Automotive in Zukunft aussehen soll und wie erreicht werden kann, den Kulturwandel erfolgreich zu gestalten. Des Weiteren soll die Einführung des neuen Werte- und Steuerungssystems analysiert werden. Daraus abgeleitet haben sich die drei folgenden Forschungsfragen ergeben:
Forschungsfrage 1: Wie sieht das Zielbild der Unternehmenskultur der ZF Friedrichshafen AG in Zukunft aus?
Forschungsfrage 2: Was muss sich verändern, damit sich auch die Unternehmenskultur nach einer Übernahme in der Post-Merger-Phase verändert?
Forschungsfrage 3: Ist die Einführung eines neuen Steuerungs- und Wertesystems der richtige Weg, um eine Veränderung herbeizuführen?
Die dieser Master Thesis zugrundeliegenden Forschungsfragen wurden anhand von qualitativen Leitfadeninterviews mit Führungskräften beantwortet. Während der Interviews wurde insbesondere die Bedeutung der „weichen“ Faktoren für eine erfolgreiche kulturelle Integration hervorgehoben. Anhand der Interviews konnten wertvolle Informationen gesammelt werden. Nach der Ergebnisanalyse und Interpretation entwickelte Verena Hüni fünf Handlungsempfehlungen für das Unternehmen und arbeitete diese aus:
- Entwicklung einer starken Unternehmensvision
- Interaktive Workshops zur Implementierung der Soll-Unternehmenskultur und der neuen Systeme
- Aufbau einer Online-Plattform
- „Job-Rotation“ – Vereinfachung von Arbeitsplatzwechseln innerhalb des Unternehmens
- Individuelle Zielvereinbarungen und Leistungsbewertung der Mitarbeiter
Eine Präsentation mit den Erkenntnissen aus der Master Thesis von Verena Hüni finden Sie hier.
Quellen:
- Berthel, J. & Becker, F. G. (2003). Personalmanagement. Grundzüge für Konzeptionen betrieblicher Personalarbeit (7. Auflage). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
- Kobi, J.-M. & Wüthrich, H. (1990). Unternehmenskultur verstehen, erfassen und gestalten. Landsberg/Lech: Verlag Moderne Industrie.
- Strohmer, M. F. (2001). Integration nach Merger and acquisition. Erfolgskonzeption für das Post-Deal-Management (DUV, 1. Auflage). Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.
- Wirtz, B. W. (2016). Mergers & Acquisitions Management. Strategie und Organisation von Unternehmenszusammenschlüssen (4. Auflage). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer Gabler.
- Zeit Online. (2016). Bayer kauft US-Saatguthersteller Monsanto. Zugriff am 13.01.2017. Verfügbar unter http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2016-09/bayer-kauft-us-saatguthersteller-monsanto
Titelbild: ZF Headquarters Friedrichshafen, © ZF Group