Markteintrittsstrategie eines deutschen High-Tech-Unternehmens in den japanischen Markt

Market Entry Japan

Wie gelingt vor dem Hintergrund der neuen Freihandelszone der Markteintritt nach Japan? Welche Markteintrittsstrategien sind die besten? Wir geben eine Anleitung.


Jüngst haben sich die EU und Japan auf ein Freihandelsabkommen geeinigt, das 2019 in Kraft treten soll. Wird das Abkommen wie geplant umgesetzt, würde die größte Freihandelszone der Welt entstehen. Für deutsche Unternehmen ist Japan schon heute ein attraktiver Absatzmarkt, manche haben den Markteintritt im Land der aufgehenden Sonne jedoch noch vor sich.

Der vorliegende Beitrag beschreibt Herausforderungen mittelständischer deutscher Unternehmen in der Hochtechnologie-Branche beim Markteintritt in entwickelte Länder. Er wurde in Form einer Case Study erstellt und kann als Leitfaden für die Entwicklung einer geeigneten und erfolgsversprechenden Markteintrittsstrategie am Beispiel des japanischen Absatzmarktes betrachtet werden.

Da in der Fachliteratur kein einheitliches Modell zur Internationalisierung mittelständischer Hochtechnologie-Unternehmen existiert, dafür aber eine Vielzahl von verschiedenen theoretischen Ansätzen und Modellen, war das Ziel des Forschungsvorhabens, eine aufeinander aufbauende Kombination von mehreren, bereits bewährten Theorien zu entwickeln, um ein geeignetes Framework für einen erfolgreichen Markteintritt zu schaffen.

Von der Theorie zur Praxis

Grundsätzlich wird dabei deduktiv vorgegangen. Das heißt: von der Theorie zur Praxis, wobei alle darauf aufbauenden Empfehlungen einen schlussfolgernden Charakter haben – beginnend mit den relevanten und bewährten Theorien zur Entwicklung einer Speerspitzenstrategie, die den Markteintritt in drei Phasen skizziert. Dabei fokussiert sich das internationalisierende Unternehmen auf ein strategisch bedeutendes Teilgebiet des Auslandsmarktes zur Expansion. Sinn und Zweck dieser Strategie ist es, Fähigkeiten und Wissen für die Erschließung des letztendlichen Zielmarktes zu entwickeln.

Bei den genannten Theorien handelt es sich um die Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff (Ansoff, H.I. 1965; Checklist for Competitive and Competence Profiles; Corporate Strategy, pp. 98-99. New York: McGraw-Hill), Porter‘s Diamant (Porter’s Diamond of National Advantage (Porter 1990, S. 223)) und das Uppsala-Modell (Edward Elgar: Learning in the Internationalisation Process of Firms. 2003, S. 261, S. 293).

MBS Ansoff Matrix

Als Grundlage für die Wachstumsstrategie dient die Ansoff-Matrix. Darauf aufbauend werden mit Hilfe der Theorie nach Porter’s Diamanten die relevanten Rahmenbedingungen für einen Markteintritt analysiert. Dies erfordert eine detaillierte Betrachtung des jeweiligen Zielmarktes. Daher wurden die Faktorbedingungen, Nachfragebedingungen, Strategie, Struktur und Rivalität der Unternehmen der Hochtechnologie-Industrie sowie verwandte und unterstützende Branchen in Japan näher untersucht. Ergänzend war es auch notwendig, eine genauere Analyse der politischen und gesetzlichen Strukturen des Landes vorzunehmen. Auf dieser Basis vereint das Uppsala-Modell die gewonnenen Erkenntnisse in einer sequenziellen Markeintrittsstrategie mit einem Zeithorizont von fünf Jahren.

Der Markteintritt als Drei-Phasen-Modell

Aus dem zuvor beschriebenen Zusammenwirken der theoretischen Modelle ließen sich durch deren praktische Anwendung auf ein Beispielunternehmen (im Bereich der generativen Fertigungsverfahren mit Spezialisierung auf den 3D-Druck im Pulver-Binder-Schichtbauverfahren) konkrete Handlungsempfehlungen für einen geeigneten Markteintritt in Japan ableiten. Anschließend wurde in Form einer Roadmap ein spezifischer Internationalisierungsprozess für dieses Unternehmen dargestellt. Schließlich wurden Handlungsempfehlungen systematisch erarbeitet, die Entscheidungen und geeignete Meilensteine des Markteintritts detailliert beschreiben. Damit konnte eine Speerspitzenstrategie dargestellt werden, die unter Anwendung der theoretischen Modelle als erfolgsversprechend gilt. Hierbei wird der Eintritt in den japanischen Markt in einem Drei-Phasen-Modell angestrebt, bei dem sukzessive die verschiedenen High-Tech-Produkte einer bestimmten Produktfamilie eingeführt werden

Marktentritt Phase 1 (Jahr 1-2)

In Phase 1 wird eine Doppelstrategie für die Einleitung der Markteröffnung empfohlen. Um das Interesse des Marktes zu wecken und die Produkte anzukündigen, wird eine Zusammenarbeit mit der führenden Forschungseinrichtung (Tokio Institute of Technology) angestrebt, um unter anderem von Fördersummen und Synergieeffekten bei Industrieprojekten zu profitieren. Parallel dazu wird ein geeigneter (im japanischen Handelsregister eingetragener) Geschäftspartner für die weitere Zusammenarbeit identifiziert.

Markteintritt Phase 2 (Jahr 2-4)

In Phase 2 wird nach der erfolgreichen Vermittlung mit einem systematisch ausgewählten Geschäftspartner mit der Intensivierung des Exports über diesen Vertriebspartner begonnen. Aus gesetzlichen Gründen bedarf es der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (Joint Venture) bzw. der Akquisition eines bereits existierenden Unternehmens, das im japanischen Handelsregister eingetragen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Selbstgründung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft als intensivste Form der Internationalisierung aus gesetzlichen Gründen nicht möglich ist.

Markteintritt Phase 3 (Jahr 4-5)

In Phase 3 wird idealerweise eine On-Site-Produktion bei einem großen Kunden in Japan angestrebt. Dabei verlagert sich der Prozess vom Hersteller zum Kunden, sodass letzterer beide Rollen als „Prosumer“ (Kombination aus Produzent und Konsument) in sich vereint. Dies ermöglicht eine kostengünstige Produktion vor Ort. Entwickelt sich die Nachfrage insgesamt entsprechend den Planvorgaben, so ist der Aufbau einer eigenen Produktionsstätte ein nächster Schritt. Eine solche Produktionsstätte lässt sich in das bereits akquirierte oder gemeinschaftliche Joint-Venture integrieren.

MBS Japan

Diese Empfehlungen stützen sich auf die Ergebnisse der praktischen Anwendung der theoretischen Modelle. Die spezifischen Marktgegebenheiten für mittelständische deutsche Unternehmen in der Hochtechnologie-Branche, die nach Japan expandieren wollen, wurden detailliert berücksichtigt. Dies bedeutet allerdings auch, dass bei Veränderungen von bestimmten Voraussetzungen, wie zum Beispiel bei Veränderungen des Marktes, der Technologie oder der politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Japan, eine Anpassung der Markteintrittsstrategie erforderlich wird. Die zu berücksichtigenden Elemente behalten jedoch ihre Gültigkeit.

Einige Unsicherheiten konnten nicht vollständig aufgelöst werden. Das liegt aber weniger an der logisch-schlussfolgernden Vorgehensweise als vielmehr an der hohen Komplexität und Dynamik von Marktbedingungen und deren Wechselwirkungen. Es zeigt sich, dass bei der Internationalisierungsstrategie von Hochtechnologie-Unternehmen sehr spezifische Rahmenbedingungen geklärt sein müssen, um den erfolgreichen Eintritt in den japanischen Markt zu gewährleisten. Insbesondere der Ansatz, über Forschungsinstitute erste Kontakte zur Industrie und damit zu potenziellen Kunden im Zielland zu knüpfen, hat sich als zielführend erwiesen. Die Glaubwürdigkeit von Forschungsinstituten sowie deren Affinität zu High-Tech-Lösungen helfen, die Barrieren beim Markteintritt durch einen bestehenden Marktzugang zu überwinden.

Auch wenn von bewährten und etablierten theoretischen Ansätzen und Modellen ausgegangen wird, sind die Schlussfolgerungen, die letztlich zu der hier empfohlenen Strategie führen, noch empirisch zu überprüfen. Veränderungen der Wirtschaftspolitik des Zielmarktes (hier: Japan) hätten einen wesentlichen Einfluss auf die drei dargestellten Phasen. Deshalb ist es notwendig, den Markteintritt kontinuierlich anhand des Frameworks zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen an den jeweiligen Schritten vorzunehmen. Speziell wirtschaftspolitische Initiativen Japans haben derzeit starken Einfluss, da diese auf die Förderung und Entwicklung der Hochtechnologie-Branche setzen.

Ein Working Paper, das sich in detaillierter Form mit dem Thema auseinandersetzt, finden Sie hier.

Für Inhalt und Form dieses Beitrags sind die Autoren verantwortlich.

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Über Prof. Dr. Heiko Seif 23 Artikel
Prof. Dr. Heiko Seif, PhD. studierte Ingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologie und promovierte an den Universitäten Stuttgart und Preßburg mit einer Arbeit über die Internationalisierung osteuropäischer Unternehmen im Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft. Parallel zu seiner 4-jährigen Promotion arbeitete er als Berater bei der Con Moto Consulting Group bevor er zur BMW Group wechselte. Nach seiner Tätigkeit gründete er die Technologieberatung CNX Consulting und anschließend die Innovationsgenossenschaft INGO e.G. Darüber hinaus war er mehrere Jahre an der Ludwig-Maximilians-Universität verantwortlich für das TOP-BWL-Programm der Jahrgangsbesten in Zusammenarbeit mit Professor Picot. Prof. Dr. Heiko Seif ist Senior Manager bei der Managementberatung UNITY AG.
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Alexander Zettl is a 2017 Bachelor International Business alumnus of MBS. After his successful graduation, he joined Emarsys, a leading marketing platform company, as a Sales Consultant.
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