„I’m lovin’ it?“ – gibt es einen Menschen, der das Essen bei McDonald’s wirklich liebt?
Die Menschen entscheiden sich nicht für das, was sie am liebsten mögen, sondern für das, was sie am wenigsten fürchten. Wir haben eine „Verlustaversion“, weshalb wir eine größere Motivation haben, Schmerzen zu vermeiden, als unsere Freude zu steigern. Unsicherheit zu minimieren wird so zur wesentlichen Triebfeder menschlichen Verhaltens. Wenn wir eine Entscheidung treffen, versuchen wir in erster Linie, Fehler zu vermeiden.
Für unsere Urväter führte fast jedes Unglück auf direktem Weg ins Jenseits: mal einen Ast übersehen, unglücklich ausgerutscht und das Bein gebrochen, schon drohten Infektion und Tod. Unsere Vorfahren mussten immerzu auf der Hut sein, bloß keinen Fehler zu begehen. Die Vorsichtigen, die Feiglinge haben überlebt. Unsere Ahnen.
Dieses Erbe zeigt sich jeden Tag aufs Neue, in den banalsten Situationen: Vor einigen Jahren besuchte ich meinen alten Freund Sasha in Brüssel, der gerade eine Stelle bei der NATO angetreten hatte. Er würde sich um etwa eine Stunde verspäten – angeblich musste der dritte Weltkrieg verhindert werden (Sasha sollte diese unschlagbare Ausrede noch häufiger nutzen) –, und so wollte ich mich bis dahin in ein Café setzen und gemütlich lesen. Ich hatte die Wahl zwischen einem kleinen italienischen Café und, in direkter Nachbarschaft, einem Starbucks, wovon ich kein großer Fan bin. Wohin nur?
Meine Beine trugen mich fast schnurgerade zum Starbucks. Irgendwann tauchte Sasha auf und fragte mich, warum ich nicht nebenan bei Luigi sei, der doch den besten Espresso außerhalb Italiens serviere, sondern in diesem Allerweltsladen, den ich doch auch zu Hause vor der Tür hätte. Natürlich hatte er Recht. Doch es war die Angst meiner Vorväter, die mich zu Starbucks getrieben hatte: Hier wusste ich, was mich erwartete, nämlich ein zumindest passabler Kaffee. Ich hatte mir also nicht das ausgesucht, was ich mochte, sondern das, was ich am wenigsten fürchtete.
Also weshalb entscheiden sich dennoch so viele Menschen für McDonald’s? Weil sie durch ihre Entscheidung vor allem eine schlechte Wahl vermeiden wollen. Sie wissen eben ganz genau, wie so ein McDonald’s-Burger schmeckt. Es ist diese Notwendigkeit, das Risiko von Kunden zu minimieren, die Ray Kroc, der Vater von McDonald‘s, früh als Schlüssel zum Erfolg erkannte. Sein Ziel war es, von Atlantic City bis Zaragoza den „gleichen“ Burger anzubieten, oder wie er es sagte: „Es gibt eine Wissenschaft der Fertigung und des Servierens von Hamburgern.“ Diese Idee katapultierte McDonald’s und die ganze Franchise-Industrie in völlig neue Sphären.
Wenn Sie also andere Menschen von etwas überzeugen wollen, tun Sie gut daran, sich an die Worte des US-amerikanischen Marketingstrategen Harry Beckwith zu halten: „Versuchen Sie nicht, eine gute Wahl zu sein. Eliminieren Sie alles, was Sie zu einer schlechten Wahl machen könnte.“ Das mag banal klingen, hat aber einen echten Paradigmenwechsel zur Folge – ganz egal, wen Sie wovon überzeugen wollen.