Im Herbst dieses Jahres führte die MBS mit der „MBS Outstanding Thesis“ eine neue Working Paper Reihe ein, um herausragende Abschlussarbeiten Studierender auszuzeichnen und ihnen eine Plattform zu geben. MBA-Alumna Jiaojiao Zhao ist die Erste, die ihre Masterarbeit in dieser Reihe veröffentlicht hat. Im Interview gibt sie Einblicke in den Entstehungsprozess ihrer Abschlussarbeit und erklärt, was ihr die Anerkennung als MBS Outstanding Thesis bedeutet. Außerdem erläutert MBS Professor Florian Bartholomae, der die neue Working Paper Reihe initiierte, wie es dazu kam und was er sich davon erhofft.
Professor Bartholomae, Sie haben die neue Working Paper Reihe „MBS Outstanding Thesis“ initiiert. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Prof. Dr. Florian Bartholomae: In der Vergangenheit haben viele Kolleg*innen tolle Abschlussarbeiten betreut, die zeigen, wie exzellent die Studierenden der MBS sind. Leider gab es bislang kein geeignetes Medium, um diese zu publizieren. Für einen Aufsatz in einem Journal ist die Struktur einer Abschlussarbeit ungeeignet – in solchen Artikeln muss etwa nicht die Grundlagenliteratur erörtert werden. Eine entsprechende Anpassung und Fokussierung der Arbeit würde nochmals erheblichen zeitlichen Mehraufwand bedeuten, der leider nur selten durch die betreuenden Professor*innen oder Studierenden, für die die Arbeit in der Regel den Abschluss ihrer akademischen Ausbildung darstellt, geleistet werden kann. Es ist andererseits aber schade, diese wirklich tollen Ideen nicht zu publizieren. Um dem entgegenzuwirken, ist die Idee aufgekommen, hierfür ein neues Format in der Working Paper Serie zu eröffnen, das die bereits bestehenden Formate MBS Research, die Reihe für akademische Forschungspapiere, und MBS Knowledge, die Plattform für praxis- und lehrbezogene Forschungsprojekte, sinnvoll erweitert.
Was ist das Ziel der neuen Working Paper Reihe und was erhoffen Sie sich von den studentischen Publikationen?
Prof. Dr. Florian Bartholomae: Primäres Ziel ist es, Wissen und Erkenntnisse, die von Studierenden erarbeitet werden, in den akademischen und gesellschaftlichen Diskurs einzubringen. Aus meiner Sicht haben Hochschulen die Pflicht, die Forschung nicht nur weiterzubringen, sondern auch in die Gesellschaft zu tragen – also die Verbindung zu schaffen zwischen dem „Elfenbeinturm“ und dem „Maschinenraum“. Als sekundäres Ziel soll natürlich auch aufzeigt werden, welche herausragenden Arbeiten von Studierenden an der MBS verfasst werden, auf die diese zurecht stolz sein können und auf die sie in ihrem Lebenslauf verweisen können. Da die Abschlussarbeit dem Forschungsausschuss durch die jeweiligen Betreuungspersonen vorgeschlagen wird und der Ausschuss dies prüft, stellen die Arbeiten auch Leistungen dar, hinter denen die MBS als Hochschule steht und mit deren Publikationen sie auch ein entsprechendes Signal geben möchte. Als Volkswirt denke ich auch immer in Anreizen, sodass ich die Reihe darüber hinaus als Ansporn für derzeitige Studierende sehe, sich von den Arbeiten inspirieren zu lassen, zu sehen, was eine gute Abschlussarbeit auszeichnet und den Ehrgeiz zu entwickeln, auch selbst dort zu publizieren.
Welche Abschlussarbeiten qualifizieren sich als MBS Outstanding Thesis? Müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein?
Prof. Dr. Florian Bartholomae: Wie der Name der Reihe schon nahelegt, soll es sich um eine herausragende Leistung handeln. Dies wird sich sicherlich in der Note widerspiegeln, gleichzeitig soll die Note aber nicht das einzige Kriterium sein. Die Note berücksichtigt auch viele handwerkliche Faktoren wie korrekte Zitation o.Ä. – natürlich zeigt sich hier oft, dass inhaltliche und formale Qualität hoch korreliert sind. Eine (sehr) gute Note bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass die Arbeit für die Reihe geeignet ist, da in dieser primär neue Erkenntnisse oder besonders innovative Methoden vorgestellt werden sollen. Eine Notenhürde wird also bewusst nicht gesetzt, sodass sich alle Studierenden dafür qualifizieren bzw. von ihren Betreuer*innen zur Publikation vorgeschlagen werden können. Die Reihe soll dazu ermuntern, nicht nur bestehende (sichere) Pfade weiter zu verfolgen, sondern neue Wege zu beschreiten, vorhandene Ansätze zu hinterfragen oder einen anderen Blickwinkel einzunehmen.
Und nun zu dir, Jiaojiao. Deine Abschlussarbeit ist die erste Publikation in der neuen Working Paper Reihe, herzlichen Glückwunsch dazu! Deine Betreuer*innen erachteten deine Masterarbeit als eine exzellente Leistung und schlugen sie direkt zur Publikation in der neuen Working Paper Reihe vor. Wie war deine Reaktion darauf?
Jiajiao Zhao: Ich war sehr überrascht, als mir meine Betreuer*innen vorschlugen, meine Arbeit dort zu publizieren, da ich nie daran gedacht hatte, irgendein Paper in Europa zu veröffentlichen. Ich hatte einfach Spaß an der Forschung und versuchte, die Arbeit so gut wie möglich abzuschließen.
Der Titel deiner Masterarbeit lautet „Bottom-up Portfolio Construction of Public Return Factors: Application to European Private Equity Fund Benchmarking“. Könntest du uns ein bisschen mehr darüber erzählen, worum es in der Arbeit eigentlich geht und wie du das Thema angegangen bist? Dem Titel nach zu urteilen, scheint es ja recht komplex zu sein?
Jiaojiao Zhao: Kurz gesagt geht es in meiner Abschlussarbeit um die Anwendung eines neu eingeführten Asset-Pricing-Modells – des Q-Faktor-Modells – zur Performance-Bewertung von Private Equity-Fonds. Ich habe eine Bottom-up-Portfoliokonstruktionslösung für eine breite europäische Aktienstichprobe implementiert und die vier Risikofaktoren dieses Asset-Pricing-Modells berechnet. Diese Risikofaktoren werden dann verwendet, um die abnormale Rendite und das Risiko der europäischen Buyout-Fonds und Venture-Capital-Fonds zu schätzen. Ja, es ist ein sehr spezifisches und komplexes Thema im Finanzwesen.
Du hast die Arbeit in Zusammenarbeit mit der Firma AssetMetrix geschrieben. Wie bist du auf dieses Thema gekommen und wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Jiaojiao Zhao: Die Quantifizierungsspezialisten von AssetMetrix arbeiten ständig an den umfassendsten und fortschrittlichsten analytischen Modellsuiten für Private-Equity-Anlagen. Wir stellten fest, dass dieses neue Asset-Pricing-Modell von Hou, Xue und Zhang (2015; 2020) noch nicht auf dem europäischen Markt getestet wurde. Wir sind alle sehr neugierig, wie diese Risikofaktoren die Rendite des europäischen Aktienmarktes erklären und wie wir sie auf die Analyse der EU-Fondsperformance anwenden können. Also habe ich die Forschung und die Tests durchgeführt und das Analyseteam hat mich mit technischer Anleitung und IT-Unterstützung wie beispielsweise der R-Programmierung für den komplizierten Berechnungsprozess unterstützt.