Neue Freihandelszone in Asien – was sind die ökonomischen Auswirkungen von RCEP?

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In dieser Reihe setzen sich MBS Professorinnen und Professoren mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen auseinander, indem sie diese kritisch hinterfragen sowie mit wissenschaftlichen Argumenten analysieren. Ziel ist es, den kritischen Diskurs sowohl in der Gesellschaft als auch an der MBS zu fördern.

Vor kurzem wurde in Asien zwischen 15 Ländern die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) unterzeichnet. Diese sieht eine Reduktion und Abschaffung vieler Zölle in den kommenden Jahren vor. Während diesem Ereignis in der breiten Öffentlichkeit keine allzu große Beachtung geschenkt wurde, sind viele Wirtschaftsvertreter*innen besorgt über einen drohenden Bedeutungsverlust westlicher Wirtschaftsmächte.

Und tatsächlich kann und wird dieses Abkommen enorme Auswirkungen nach sich ziehen. Die Rede ist davon, dass angesichts der schieren Wirtschafts- und Bevölkerungsgröße dieser Freihandelszone – mit knapp 30% der Weltbevölkerung und knapp 29% der Weltproduktion – diese in der Lage sein wird, internationale Standards zu setzen. Standards sind gerade im internationalen Handel von enormer Bedeutung. Jede*r Kontinentaleuropäer*in, der schon Aufenthalte im Vereinigten Königreich oder den Vereinigten Staaten verbracht hat, weiß etwa, dass dort ein anderer Standard für Stecker und Steckdosen herrscht und ohne geeignete Adapter keine elektrischen Geräte angeschlossen werden können. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die Wirtschaft: Firmen, die in diese Märkte exportieren möchten, müssen schließlich den dortigen Standards entsprechen. Ähnlich wird es Unternehmen gehen, die in die Länder des RCEP exportieren wollen. Und ein großer Markt kann allein aus sich schon Standards setzen: Man kann sich gut vorstellen, dass es für ein kleines Land wie Luxemburg wenig sinnvoll wäre, wenn sie einen eigenen  Steckerstandard haben würden. Der Markt ist einfach zu klein und eine Anpassung an diesen Markt würde für viele Unternehmen in keinem Verhältnis zu den zusätzlichen Erlösen stehen.

Ein anderer Effekt betrifft unmittelbar die Handelsströme. Durch die Schaffung einer Freihandelszone kommt es zu Verzerrungen im internationalen Handel. Ökonomisch gesprochen treten zwei Effekte auf, von denen einer eher positiv und der andere eher negativ zu bewerten ist (Morasch/Bartholomae 2017, Kap. 17.6.2). Der positive Effekt liegt in der Handelsschaffung vor: Es wird neuer Handel geschaffen, den es ursprünglich nicht gab, weil er etwa zu teuer war. Negativ ist allerdings die Handelsumlenkung: Ursprüngliche Handelsbeziehungen werden zugunsten zoneninterner Handelspartner reduziert oder aufgegeben.

Ein Beispiel: Ein High-Tech-Gut kostet in Europa 1000 Euro, in Japan umgerechnet 1100 Euro und in China 1200 Euro. China erhebt auf dieses Gut einen Zoll in Höhe von 15%. Damit kostet das Produkt aus Europa in China 1150 Euro und das Produkt aus Japan 1265 Euro. Das Gut aus Europa ist also billiger als das aus Japan und kostet zudem weniger als die heimische Produktion, weshalb China das Gut aus Europa beziehen wird. Schließen sich China und Japan in einer Freihandelszone wie RCEP zusammen und schaffen Zölle auf dieses Gut untereinander ab, kostet das Gut aus Europa in China nach wie vor 1150 Euro, das japanische aber nur noch 1100 Euro. Es ist damit billiger als das europäische. Die Handelsschaffung besteht darin, dass es jetzt Handel zwischen Japan und China gibt, den es vorher nicht gab – das ist positiv zu bewerten, da Japan effizienter als China produziert. Es kommt aber auch zu einer Handelsumlenkung, da das Gut nicht mehr aus Europa bezogen wird – das ist wiederum schlecht, da Europa eigentlich der effizienteste Hersteller ist.

Was lernen wir daraus? Zum einen ist ein Freihandelsabkommen zu begrüßen, da es für viele Menschen Güter billiger macht und damit ihren Lebensstandard erhöht. Zum anderen kommt es aber zu weltweiten Verzerrungen. Grundsätzlich sollten Zölle – anders als der momentane politische Trend – weltweit gleichermaßen reduziert werden, um den Wohlstand aller zu erhöhen.

Literatur:
Morasch, K., Bartholomae, F.W. (2017): Handel und Wettbewerb auf globalen Märkten, 2. aktual. u. erw. Aufl., Springer Gabler: Wiesbaden.

MBS Dr. Florian Bartholomae
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Prof. Dr. habil. Florian Bartholomae ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Munich Business School. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Ökonomie der Informationsgesellschaft und der Regionalökonomie. An der MBS unterrichtet er die volkswirtschaftlichen und mathematischen Grundlagenveranstaltungen im Bachelor sowie fortgeschrittene volkswirtschaftliche Fächer im Master. Zudem ist er Privatdozent am Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft an der Universität der Bundeswehr München sowie Partner der Politikberatung Bartholomae & Schoenberg Partnerschaft. Darüber hinaus ist Florian Bartholomae externer Lehrender an der IMC Fachhochschule Krems und forscht gemeinsam mit Alina Schoenberg, Studiengangsleiterin des Master-Studiengangs “International Business & Economic Diplomacy” an der IMC Fachhochschule Krems, an aktuellen ökonomischen und wirtschaftspolitischen Fragestellungen.