Das nächste Level der Online-Universität: Online-Prüfungen

Online-Prüfungen

Nachdem die Lehre an der Munich Business School Mitte März aufgrund der Corona-Pandemie auf den Online-Betrieb umgestellt wurde, fanden im Mai auch alle Prüfungen online statt. Wie die Herausforderung der Online-Prüfungen bewerkstelligt werden konnte und welche Bausteine dabei besonders wichtig waren, berichten Martin Meister, Holger Schultern und Linda-Luise Schallermayer vom Prüfungsamt der MBS im Interview.


MBS Marketing: Wie konnte die Umstellung der Prüfungen auf das Online-Format realisiert werden, was musste beachtet werden und welche Herausforderungen sind Ihnen dabei begegnet?

Martin Meister: Nachdem in den vergangenen Monaten schon die Lehrveranstaltungen über Microsoft Teams stattgefunden hatten, waren die Online-Prüfungen zwar immer noch ein Sprung ins kalte Wasser, aber vielleicht mit weniger Anlauf, da wir mit der Plattform mittlerweile schon gut vertraut waren. Bei der Konzeption der Prüfungen haben wir uns vor allem auf die Unterschiede zu herkömmlichen Prüfungen fokussiert und daraus abgeleitet, was das für die Prüfungsdurchführung bedeutet. Hier war auch das Feedback der Dozierenden ganz wichtig, die sich natürlich überlegen mussten, welche Auswirkungen die Online-Umgebung auf die Gestaltung ihrer Prüfungen hat.

MBS Marketing: Wie hat sich der Aufbau und das Design der Prüfungen im Online-Setting verändert? Haben sich die Dozierenden auch alternative Prüfungsformate überlegt?

Martin Meister: Ein großer Unterschied zwischen Online- und Präsenzprüfungen bezieht sich auf die Hilfsmittel, die online nicht so leicht kontrolliert werden können, wie wenn man gemeinsam in einem Raum ist. Deshalb waren eigentlich alle Online-Prüfungen als Open-Book-Prüfungen konzipiert. Das bedeutet, dass die Studierenden alle Lehrmaterialien, Mitschriften und Präsentationen verwenden durften, die einzelnen Aufgaben sich aber mehr auf den Wissenstransfer als auf die reine Wissensabfrage konzentrierten. Also grob gesagt, mehr Fallstudien und Anwendungsaufgaben, dafür weniger Definitionsfragen.

Holger Schulten: Außerdem haben einige Dozierenden nach Absprache mit den Studiengangsleitungen auch für ihr spezielles Prüfungsfach neue Prüfungsformate ausprobiert und statt einer schriftlichen Prüfung beispielsweise eine mündliche Prüfung durchgeführt oder eine Hausarbeit schreiben lassen. Insofern gab es für einige Dozierende und Prüfungsfächer neben der großen Neuheit der Online-Prüfungen auch noch eine Innovation im Kleinen.

MBS Marketing. Welche weiteren Veränderungen ergaben sich für die Studierenden?

Martin Meister: Ganz klar das Setting! Die Studierenden sitzen nicht mehr alle zusammen in einem Raum, sondern jede und jeder für sich zuhause: entweder in der Küche, dem Wohn- oder Schlafzimmer oder sogar auf dem Balkon. Hier war es wichtig, dass die Studierenden erstmal in den Prüfungsmodus reinkommen, da die räumliche Situation erstmal nicht zwingend an die einer Prüfung erinnert. Um eine Prüfungsatmosphäre zu kreieren, haben wir den Dozierenden eine Art Leitfaden oder Checkliste an die Hand gegeben und z.B. dazu motiviert, das Prozedere und die Prüfungsaufgaben vor Beginn nochmal zu verbalisieren. Auch haben die Testklausuren, die die meisten Dozierenden durchgeführt haben, dabei geholfen, die Aufregung auf Seiten der Studierenden zu verringern, da sie so schon gut mit dem Prozess vertraut waren.

MBS Marketing: Online ist es ja leichter sich „unsichtbar“ zu machen bzw. sieht man über die Kamera prinzipiell weniger als wenn man die Prüflinge in Präsenz vor sich hat. Was bedeutete das für die Prüfungsaufsicht und wie hat sich diese gestaltet?

Linda-Luise Schallermayer: Alle Studierenden waren verpflichtet ihre Kameras zu aktivieren. Zu Beginn der Prüfung wurde zunächst immer die Identität der Studierenden mithilfe des Kamerabilds und des Studentenausweises überprüft. Während der Prüfung hatte jede Prüfungsaufsicht eine Liste an Studierenden, die er oder sie über die Pin-Funktion von Microsoft Teams besonders im Blick hielt. Aber es stimmt natürlich, dass die Sicht online viel eingeschränkter ist. Auch wenn man einen Studierenden wegen eines Problems kontaktieren musste, musste man alternative Wege gehen und die Person direkt anrufen oder anschreiben, um nicht die ganze Gruppe zu stören. Dieser Kontaktaufbau ist natürlich schwieriger als bei einer Face-to-Face-Situation. Insgesamt mussten wir je nach Gruppengröße auch mehr Prüfungsaufsichten einsetzen als gewöhnlich, da in Microsoft Teams ja immer nur eine bestimmte Anzahl an Personen auf dem Bildschirm sichtbar ist.

Martin Meister: Was wir an Sichtbarkeit eingebüßt haben, gewinnen wir aber im Nachgang bei der Korrektur hinzu. Da uns nun viel mehr Prüfungen digital vorliegen, können wir auch entsprechend mehr Prüfungen der Plagiatsprüfung unterziehen.

MBS Marketing: Wie war das Feedback bisher zu den Online-Prüfungen? Welche Bilanz ziehen Sie?

Martin Meister: Die meisten Studierenden waren einfach froh, dass sie ihr Studium fortsetzen können und nicht auf den Studienfortschritt verzichten müssen. Hier haben wir eigentlich durchweg positive Rückmeldung erhalten. Auch unsere Telefonhotline, die wir sicherheitshalber für Probleme und Notfälle eingerichtet hatten, ist überraschend ruhig geblieben, was sicher ein positives Zeichen ist. Interessant war zu sehen, dass einige Studierenden sich tatsächlich die Prüfung lieber ausgedruckt und wie gewohnt per Hand bearbeitet haben, um sie dann als Scan einzureichen. Hier scheint die junge Generation noch mehr an den gewohnten Abläufen festzuhalten, als ursprünglich erwartet. Auch die Dozierenden waren mit ihrem eigenen Team zum New Learning Exchange, das wie eine Art „Sicherheitsnetz“ funktioniert und dem Austausch untereinander dient, gut aufgehoben. Insgesamt haben wir in den vergangenen Wochen 66 Prüfungen mit 1052 Studierenden und 162 Aufsichten durchgeführt. Zwei zusätzliche Prüfungstermine werden noch vor Beginn des Wintersemesters stattfinden.

MBS Marketing: Und zum Abschluss: Was nehmen Sie persönlich aus dieser Erfahrung mit?

Martin Meister: Für mich war es vor allem interessant zu sehen, ob und wie alles funktioniert, wo das System an seine Grenzen gerät und wo für zukünftige Fälle noch Dinge verbessert werden müssen.

Holger Schulten: Ich nehme den Nachhaltigkeitsaspekt positiv aus dieser Phase mit. Mit den digitalen Prüfungen konnte natürlich Unmengen an Papier gespart werden, das im herkömmlichen Setting normalerweise vorab ausgedruckt und nur selten vollends aufgebraucht wird. Vielleicht können wir aus den Online-Prüfungen auch Rückschlüsse darauf ziehen, wie viel Papier tatsächlich benötigt wird und entsprechend vorbereitet werden sollte.

Linda-Luise Schallermayer: Ich nehme aus der Erfahrung der Online-Prüfungen mit, dass unseren Dozierenden, gerade was IT angeht, einiges zugemutet werden kann. Da sind einige Talente zu Tage getreten, die für zukünftige IT-Lösungen genutzt werden können. Auch die Bereitschaft aller Beteiligten, sich selbst weiterzubilden, Dinge auszuprobieren und dafür einige Feierabendstunden zu opfern, damit der Prozess am Ende läuft, war überwältigend!