Während Corona im Ausland − Samantha @ UNISUL in Florianopolis, Brasilien

Brasilien Semester Abroad

Als die Corona-Pandemie ausbrach, befand sich Samantha Deverich, Studentin im Bachelor-Programm International Business an der Munich Business School, bereits zum Auslandssemester in Brasilien. Im Blogbeitrag erzählt sie von ihren Auslandserfahrungen während der Corona-Pandemie.


Wenn man den Leuten erzählt, dass man sein Auslandssemester in Brasilien verbringt, reagieren normalerweise alle gleich: Sie sind aufgeregt und fragen „Oh mein Gott, wirst du zum Karneval gehen?“. Wenn man jedoch erzählt, dass man sich entschieden hat, während der Corona-Pandemie in Brasilien zu bleiben, ist die Reaktion eigentlich erst einmal ähnlich − „Oh mein Gott, bist du zum Karneval gegangen?“ − , nur dass die Leute jetzt nicht mehr aufgeregt, sondern besorgt sind. Die meisten Menschen wundern sich, warum ich in dieser Ausnahmesituation nicht zu meiner Familie in die USA oder nach München zurückgekehrt bin. Und ich nehme es ihnen nicht übel, denn am Anfang hat mich diese Entscheidung auch überfordert und verwirrt. Bis mir klar wurde, dass es überall Chancen und Möglichkeiten gibt – sofern man sich dazu entscheidet, sie zu ergreifen.

Ich brach schon fast zwei Monate vor Beginn meines Auslandssemesters nach Brasilien auf, um zu reisen und um mich mit der Sprache und Kultur vertraut zu machen. Als mein Semester im März offiziell an der Universidade do Sul de Santa Catarina (UNISUL) begann, hatte ich die besten zwei Wochen meines Lebens. Meine Kohorte bestand aus 14 Austauschstudierenden und überraschenderweise kamen 12 davon aus den USA. Wir bildeten schnell ein eingespieltes Team und nutzten jede Veranstaltung, die die Universität und die Stadt zu bieten hatten. Leider war unsere gemeinsame Zeit aufgrund des Anstiegs der COVID-19-Fallzahlen nur von kurzer Dauer. Alle meine Freunde kehrten innerhalb einer Woche nachhause zurück und ich war die Einzige, die noch nicht wusste, was sie tun sollte: In die USA reisen, um bei meiner Familie zu sein, in meine Studentenwohnung in München zurückkehren oder in Brasilien bleiben?

Um mit dieser Entscheidung fertig zu werden, griff ich auf mein durch die Munich Business School geschultes Business-Gehirn zurück und erstellte eine SWOT-Analyse, indem ich mir die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken jeder Option genauer anschaute. Um ehrlich zu sein, waren die Risiken und Schwächen eines Aufenthalts in Brasilien viel größer als die einer Rückkehr in die USA oder nach München. Aber die Chancen − die Chance, die Schatztruhe eines unerforschten Landes, einer unerforschten Sprache und Kultur zu öffnen − überwogen bei Weitem die Stärken der Rückkehr zur Vertrautheit.

Meine Uni UNISUL war gut organisiert und stellte schnell all unsere Kurse auf Online-Unterricht um. Ihre Effizienz beeindruckte mich und ich wusste es zu schätzen, dass die Hochschule der Sicherheit der Studierenden oberste Priorität einräumte. Der Bundesstaat Santa Catarina war auch einer der ersten Bundesstaaten Brasiliens, der die Quarantäne und die Maskenpflicht einführte. Meine Gastfamilie war ebenfalls sehr gewissenhaft und sorgte sich um mein Wohlergehen. Am Anfang war es seltsam, so viel Freizeit zu haben. Morgens hatte ich Unterricht von zuhause aus und den Rest des Tages, um buchstäblich alles zu tun, was ich wollte. Nach ein paar Wochen mit betäubendem Netflix beschloss ich, meinem eigenen Rat zu folgen und diese einmalige Gelegenheit zu nutzen.

Die neu gewonnene Freizeit erlaubte es mir, mein eigenes Unternehmen zu gründen, neuen Interessen, für die ich bisher nie Zeit hatte, nachzugehen und zu sehen, wie sich die Welt aufgrund der Pandemie vor meinen Augen veränderte. Als sich meine Stadt Florianopolis nach und nach öffnete, nahm ich meinen Mut zusammen, setzte meine Maske auf und erkundete die Stadt auf eigene Faust. Florianopolis wird auch „die magische Insel“ genannt und jetzt hatte ich endlich die Möglichkeit, das mit meinen eigenen Augen zu sehen und zu erleben: Herumhuschende Affe, die einen während der Besteigung eines Bergs begleiten, drei Meter hohe Wellen, wenn ein Taifun über die Stadt hinweg zieht, oder schöne Erlebnisse mit meiner Gastfamilie, die unsere Beziehung noch einmal auf eine ganz andere Ebene hoben.

All diese Dinge befanden sich in der Schatzkiste, die ich beschlossen hatte, zu öffnen. Sie waren die Chancen und Stärken meiner SWOT-Analyse. Während der COVID-19-Pandemie in Brasilien zu bleiben, war eine einmalige Chance, die sich in einer obskuren, fast schon bedrohlichen Kiste voller Möglichkeiten versteckte. Egal, wie die Schachtel aussieht – ob groß, klein, dünn oder länglich − öffnet sie und greift nach ihrem Inhalt!