Denkt der Grinch ökonomischer als das Christkind?

A green hairy hand in a Santa costume on a gift box against the background of Christmas lights

Alle Jahre wieder zu einer bestimmten Zeit stellen sich viele von uns die Frage, was wir unseren Liebsten schenken sollen. Wir stürmen die Einkaufszentren oder bringen die Server von Onlinehändlern an ihre Belastungsgrenzen. Unsere Motivation ist dabei klar: Wir möchten das ideale Geschenk finden, um einem anderen Menschen eine große Freude zu machen. Der Vorteil auf der makroökonomischen Ebene ist gut messbar: Da die Konsumausgaben steigen, nimmt die allgemeine Nachfrage zu und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) steigt. In Deutschland betrug 2020 der Anteil des Weihnachtsgeschäfts für den gesamten Einzelhandel 18,9%, während es bei Unterhaltungselektronik sogar 23,9% waren (Ahrens 2021). Nimmt man den halben Dezember und den halben November als Hauptsaison, fällt dieser Umsatz auf nur 1/12 bzw. 8,3% des Gesamtjahres.

Wie sieht der Vorteil aber auf individueller Ebene aus – und damit sind jetzt nicht die einzelnen Geschäfte, sondern die einzelnen Schenkenden und Beschenkten gemeint. Hier gab es im Jahr 1993 einen viel zitierten Aufsatz (Waldfogel 1993), welcher der Frage nachging, wie der Vorteil hier zu bewerten ist. Leider kam er zu einem sehr ernüchternden Ergebnis: Es kommt zu erheblichen Wohlfahrtseinbußen von 10% bis zu einem Drittel des Geschenkewerts. Das heißt, ein Geschenk mit einem Wert von 100 Euro ist den Beschenkten im Schnitt nur 66 bis 90 Euro wert.

Wie kann das sein? Die ökonomische Begründung ist einfach: Das Beste, was Schenkende machen können, ist den Beschenkten genau das zu schenken, was diese sich wünschen. Andernfalls erhält man etwas, über das man sich … freut.

Insbesondere spielt hier die Nähe in der Beziehung zwischen Schenkenden und Beschenkten eine Rolle. Je weiter die Distanz zwischen beiden, desto größer der Verlust. Da sich Schenkende oft bewusst sind, dass sie die Präferenzen und Wünsche der Beschenkten nur mit einem erheblichen Risiko abschätzen können, schenken diese öfters Geld anstelle von Sachgeschenken. Ökonomisch ist dies sinnvoll, da hier die Beschenkten die Freiheit haben, sich ihren Präfenzen gemäß etwas auszusuchen.

Diese Analyse ist leider sehr ernüchternd und überhaupt nicht weihnachtlich. Sollte man daher als rationaler Mensch auf das Schenken verzichten? Wie so oft in der Wissenschaft, gibt es aber Kritik an diesen Ergebnissen, die sich insbesondere am befragten Personenkreis (Yale-Studierende der Ökonomie) stört (Solnick/Hemenway 1996). Wird ein anderer, teilweise älterer Personenkreis befragt, zeigt sich das genaue Gegenteil: Es kommt zu einem Wohlfahrtsgewinn, da die Beschenkten durchschnittlich 11% mehr für das Geschenk bezahlen würden, als die Schenkenden tatsächlich aufgewendet haben. Insbesondere wird positiv bewertet, dass sich die Schenkenden Gedanken gemacht haben oder die Beschenkten etwas erhalten haben, das sie zwar gerne möchten, sich aber nie selbst gekauft hätten. Geldgeschenke kamen in dieser Umfrage wiederum nicht sonderlich gut an. Diese Ergebnisse stimmen doch nun deutlich versöhnlicher.

Es gibt viele weitere Studien, die Pro und Contra für beide Seiten finden (vgl. Merler 2018 für einen Überblick), sodass kein eindeutiger Konsens darüber besteht, ob Weihnachtsgeschenke die Wohlfahrt erhöhen oder senken. Am Ende lautet die übliche Antwort: Es kommt darauf an! Schließlich sind die Menschen verschieden und das Schenken eine zutiefst persönliche Angelegenheit. Gerade in den aktuellen Zeiten ist das größte Geschenk aber vermutlich keine Sache oder Geld, sondern die Gemeinschaft mit lieben Menschen. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!

Literatur:

Für Inhalt und Form dieses Beitrags ist der Autor verantwortlich.
MBS Dr. Florian Bartholomae
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Prof. Dr. habil. Florian Bartholomae ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Munich Business School. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Ökonomie der Informationsgesellschaft und der Regionalökonomie. An der MBS unterrichtet er die volkswirtschaftlichen und mathematischen Grundlagenveranstaltungen im Bachelor sowie fortgeschrittene volkswirtschaftliche Fächer im Master. Zudem ist er Privatdozent am Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft an der Universität der Bundeswehr München sowie Partner der Politikberatung Bartholomae & Schoenberg Partnerschaft. Darüber hinaus ist Florian Bartholomae externer Lehrender an der IMC Fachhochschule Krems und forscht gemeinsam mit Alina Schoenberg, Studiengangsleiterin des Master-Studiengangs “International Business & Economic Diplomacy” an der IMC Fachhochschule Krems, an aktuellen ökonomischen und wirtschaftspolitischen Fragestellungen.