„Die Kund*innen erwarten, dass ihnen ein echtes Erlebnis geboten wird.“ – Interview mit Manuel Mundl über Sales im digitalen Zeitalter

Portrait Manuel Mundl

Im Interview erläutert Manuel Mundl, warum das digitale Zeitalter neue Ansätze und Konzepte im Vertrieb erfordert und zeigt auf, wo und warum in den Unternehmen noch Nachholbedarf in Sachen digitaler Vertriebsinnovation besteht. Sein Wissen gibt der Experte für (digitalen) Vertrieb und Vertriebsmanagement als Lehrgangsleiter im Lehrgang Customer Experience Sales Expert an Vertriebsverantwortliche weiter. Nächster Lehrgangsstart an der Munich Business School ist der 10. März 2022.


­MBS Insights: Lieber Herr Mundl, Sie leiten den Executive Lehrgang Customer Experience Sales Expert der Munich Business School. Was würden Sie sagen, warum fordert das digitale Zeitalter neue Ansätze und Konzepte im Vertrieb und was zeichnet eine*n moderne*n Vertriebler*in in der heutigen Zeit aus?

Manuel Mundl: Weil sich die Kund*innen in der digitalen Welt sehr verändert haben. Jegliche Information über Produkte, Wettbewerber*innen, Firmen usw. stehen den Kund*innen jederzeit zur Verfügung. Sie sind in Echtzeit an jedem Ort der Welt mit jedem anderen Menschen vernetzt und die Kommunikation mit diesem ist nur einen Klick entfernt. Die Kund*innen erwarten, dass ihnen ein echtes Erlebnis geboten wird und das über den gesamten Verkaufsprozess hinweg. Der*Die klassische Vertriebler*in wird von modernen Kund*innen heute nur noch am Ende des Vertriebsprozesses involviert, dann wenn die Entscheidung der Kund*innen schon lange getroffen worden ist. Die Vertriebsverantwortlichen werden dann nur noch für die Abwicklung der Bestellung benötigt. Deshalb muss der moderne Vertrieb heute die Kund*innen ganzheitlich und langfristig begleiten und ihnen großartige Erlebnisse mit Mehrwert bescheren. Mitarbeiter*innen im Vertrieb sollten wissen, wie die Customer Journey funktioniert, welche sogenannten Touchpoints sie mit der Kundschaft haben und wie man diese sinnvoll nutzen kann. Außerdem sollte man fundierte Kenntnisse über die jeweiligen Kund*innen und deren Branchen haben, um sie bestmöglich zu verstehen und um zu erkennen, was die Kund*innen bislang davon abhält, ihre Ziele zu erreichen und wie man diesbezüglich Abhilfe schaffen kann. Mit vielen praktischen Beispielen, Fallstudien und auch Rollenspielen gehen wir in unserem Lehrgang auf all diese Bereiche sehr detailliert ein, sodass dem Erwerb dieser Fähigkeiten nichts mehr im Wege steht.

MBS Insights: Welche Mittel und Techniken stehen Vertriebsverantwortlichen zur Verfügung, um das Ziel eines modernen digitalen Vertriebs umzusetzen?

Manuel Mundl: Da gibt es eine Menge an hilfreichen Tools und digitaler Werkzeuge – mit Sicherheit zu viele, um sie hier alle aufzuzählen – und es werden täglich mehr. Natürlich sind diese Tools für die Vertriebsmitarbeiter*innen erst einmal neu. Aber im Grunde geht es auch nicht darum, sie alle zu beherrschen, sondern die Customer Experience für das individuelle Unternehmen festzulegen und diese mit den passenden und möglichst automatisierten Tools so effizient wie möglich zu gestalten. Im Lehrgang gehen wir an verschiedenen Stellen auf solche Werkzeuge ein und die Teilnehmer*innen berichten immer wieder, dass dies besonders wertvoll für sie ist.

MBS Insights: Warum hinken Ihrer Meinung nach viele Unternehmen hinterher bei dem Thema und wie kann man dem entgegenwirken?

Manuel Mundl: Eine sehr gute Frage, die auch nicht leicht zu beantworten ist. Ich stelle immer wieder eine sehr hohe Diskrepanz zwischen Unternehmen fest. Manche sind in Ihrer Digitalisierung sehr weit und so etwas wie Vorreiter, während andere sehr hinterherhinken. Festzustellen ist bei diesen hinterherhinkenden Unternehmen, dass es zwar Ansätze und durchaus auch Digitalisierungsprojekte gibt, diese aber oft im Sande verlaufen oder nicht richtig abheben. Der Grund hierfür ist, denke ich, eine Mischung aus fehlenden Fähigkeiten und einer zu geringen Veränderungsbereitschaft. In diesen Unternehmen herrscht außerdem häufig eine Kultur vor, die Fehler nicht zulässt. Dabei lassen gerade die Methoden und Tools, die uns im Zeitalter der Digitalisierung zur Verfügung stehen, ein schnelles Ausprobieren, schnelle Erfolgs- oder Misserfolgsmeldungen und ein schnelles Anpassen zu. Ich denke aber, dass wir weiter unten anpacken müssen. Die Herausforderung besteht erst einmal darin, den Mitarbeiter*innen – und das zieht sich durch alle Ebenen -, die Tools und Methoden beizubringen. Dadurch werden Berührungsängste abgebaut und es etabliert sich eine neue Art der Kultur, die Veränderung will und zulässt.

MBS Insights: Wo bemerken Sie heute bei Führungskräften und/oder Vertriebler*innen die größten Defizite?

Manuel Mundl: Das zieht sich querbeet. Es sind auf der einen Seite klassische Vertriebsmethoden wie Fragetechniken, Aufbau einer Value Proposition, das Storytelling, die Psychologie des Überzeugens, usw., die nach wie vor vielen Vertriebler*innen unbekannt sind oder sagen wir bekannt sind, aber nicht genutzt werden, da schlicht und einfach das kontinuierliche Training fehlt. Nachdem die Veränderungen aber eine noch nie dagewesene Geschwindigkeit aufweisen, ist ein ständiges am Ball Bleiben allerdings absolut notwendig – sozusagen ein Continuous und Lifelong Learning. Auf der anderen Seite sind es Methoden, wie man ein Customer Experience Management und Customer Journey Management plant und etabliert oder welche Kennzahlen in der digitalen Welt wichtig sind.