Der 11. Juli ist Weltbevölkerungstag. Manchen mag dieser Tag etwas seltsam vorkommen, aber es handelt sich um ein jährliches Ereignis, das 1989 vom Leitungsgremium des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde, in der Hoffnung, das Bewusstsein für die wachsende Weltbevölkerung und damit einhergehende Probleme, wie z. B. die Nahrungsmittelversorgung, zu schärfen.
Es ist sicherlich eine gute Sache, das Bewusstsein für die wachsende Bevölkerung auf unserem Planeten und die damit verbundenen Herausforderungen zu erhöhen. Bereits ein einfacher Blick auf die Zahlen lässt uns den Kopf schwirren. Während die Weltbevölkerung in den 1960er Jahren bei etwa 3 Milliarden Menschen lag, war sie in den 1980er Jahren auf 4,5 Milliarden und im Jahr 2010 auf etwa 7 Milliarden angewachsen. Heute sind es 7,9 Milliarden und die 8-Milliarden-Grenze wird wohl noch in diesem oder Anfang nächsten Jahres geknackt werden (World Bank, 2022).
Das Bevölkerungswachstum ist wirklich verblüffend: Täglich kommen etwa 230.000 Menschen zur Weltbevölkerung hinzu, was bedeutet, dass im nächsten Jahr um diese Zeit 80 bis 90 Millionen Menschen mehr auf unserem Planeten leben werden als heute (World Bank, 2022; Worldometer, 2022). Mit anderen Worten: Jedes Jahr kommt ein Land mit einer vergleichbaren Bevölkerungszahl wie Deutschland hinzu.
Bevölkerungswachstum erhöht den Welthunger
In Anbetracht all der Herausforderungen, mit denen die Welt bereits heute konfrontiert ist, deuten diese steigenden Bevölkerungszahlen auf die Verschärfung eines ohnehin schon schwerwiegenden Problems hin. Die Vereinten Nationen geben an, dass etwa eine Milliarde Menschen heute Abend hungrig zu Bett gehen werden, auch wenn sie nicht unmittelbar vom Verhungern bedroht sind. Bereits heute, Stand Juni 2022, leiden fast 8 Millionen Kinder auf unserem Planeten an akuter Unterernährung (Unicef, 2022). Viele Zehntausende von Kindern werden das nächste Jahr nicht erleben.
Der Krieg in der Ukraine verschlimmert die Situation noch weiter. Tausende Hektar einer der fruchtbarsten Anbauflächen der Welt werden dieses Jahr nicht bewirtschaftet werden können. Infolgedessen wird die Weizenernte im Jahr 2022 weit unter dem Niveau der Vorjahre liegen. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die Ukraine einer der weltweit wichtigsten Lieferanten von Nahrungsmittelgetreide ist. Die Lebensmittelpreise werden steigen und viele Menschen, vor allem in den Entwicklungsländern, werden nicht in der Lage sein, sich ausreichend zu ernähren.
Gleichzeitig wird es durch den Klimawandel in vielen Teilen der Welt immer schwieriger, zuverlässig Nahrungsmittel anzubauen. Während in einigen Teilen unseres Planeten extreme Hitze und Dürren wüten, kommt es in anderen Teilen zu schweren Überschwemmungen (United Nations, 2022a).
Man möchte sich zu Recht fragen, wie die Zukunft angesichts all dieser Herausforderungen aussehen wird. Wie kann die Menschheit es schaffen, ihre wachsende Bevölkerung zu ernähren? Wenn wir heute nicht genug Nahrungsmittel haben, um 7 oder 8 Milliarden Menschen zu ernähren, wie können wir dann hoffen, die 10 bis 12 Milliarden Menschen zu ernähren, die Schätzungen zufolge bis zum Jahr 2100 auf unserem Planeten leben werden? Wie können wir dieses scheinbar unmögliche Unterfangen bewerkstelligen, ohne die letzten Reste der Natur zu zerstören?
Ist mehr Nahrungsmittelproduktion wirklich die richtige Antwort auf die wachsende Weltbevölkerung?
Schon heute fordert die Politik in vielen Ländern, die Landwirtschaft und/oder den Einsatz von Pestiziden und Insektiziden in Schutzgebieten zuzulassen, nicht nur in Europa (Grass/Tscharntke, 2020; European Union, 2018), sondern auch in Afrika, Lateinamerika und Asien. Ziel dieser Initiativen ist es, den Ertrag der landwirtschaftlichen Produktion zu steigern, sei es für den Anbau von Nahrungsmitteln oder für die Fleischproduktion. Die meisten Diskussionen gehen dabei davon aus, dass insgesamt oder pro Hektar mehr Lebensmittel produziert werden müssen, um eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren.
Es ist interessant festzustellen, dass diese Grundannahme, d. h. die Notwendigkeit, mehr Lebensmittel zu produzieren, der Hauptfehler dieser Argumentation ist. Nach vorsichtigen Schätzungen werden nur etwa 50 bis 65 % aller produzierten Lebensmittel von den Verbraucher*innen verzehrt (UN Environment Programme, 2022; United Nations, 2022b; World Food Programme, 2020). Andere Organisationen schätzen die Verschwendung auf weit mehr als 50 %, da sie die Nahrungsmittelpflanzen einrechnen, die zum Heizen und Kühlen, zur Energieerzeugung, als Zusatzstoffe für Biodiesel oder Benzin oder als Tierfutter für die Fleischproduktion verwendet werden.
Anders gesprochen: Mit den heute produzierten Lebensmitteln ließe sich der Hunger in der Welt bereits leicht beseitigen und eine Weltbevölkerung von schätzungsweise 10 bis 11 Milliarden Menschen ernähren (oder 14 Milliarden Menschen, wenn wir uns nicht auf die konservativsten Schätzungen verlassen wollen).
Die Herausforderung besteht daher nicht so sehr darin, immer mehr zu produzieren, sondern das, was produziert wird, klüger, weniger verschwenderisch und nachhaltiger zu nutzen.
Einige Ideen für mehr Nachhaltigkeit in der Lebensmittelversorgung
Natürlich können wir in einem kurzen Artikel wie diesem keine abschließenden Empfehlungen für alle damit verbundenen Herausforderungen geben, aber wir können sicherlich kurz einige der wichtigsten Ansätze nennen, um über mögliche Lösungen nachzudenken.