In dieser Interviewserie stellen wir in regelmäßigen Abständen Dozierende der Munich Business School (MBS) vor, geben einen Einblick in ihre Forschungsprojekte und erläutern, wie Unternehmenspraxis und Studierende davon profitieren. Heute sprechen wir mit Dr. Barbara Scheck, Professorin für Entrepreneurship sowie CEO und Gründerin des European Center for Social Finance.
MBS Insights: Liebe Frau Scheck, die letzten 1 1/2 Jahre haben Sie als Gastdozentin an der New York University in Abu Dhabi verbracht. Geben Sie uns einen Einblick in Ihre Zeit dort: Wie kam die Gastprofessur zustande und wie haben Sie den Aufenthalt in den Vereinigten Arabischen Emiraten erlebt? Irgendwelche Highlights, Lowlights oder interessante Unterschiede zu ihrer Lehrtätigkeit an der Munich Business School?
Prof. Dr. Barbara Scheck: Ich habe früher schon im Ausland gelebt, studiert und gearbeitet und wollte gerne auch in meiner jetzigen Position als MBS-Professorin weitere Erfahrungen in anderen Ländern sammeln. An der New York University (NYU) Abu Dhabi wurde dann vor wenigen Jahren ein neuer Studiengang konzipiert, BOS – Business, Organisations and Society, der Betriebswirtschaft aus einer sektorübergreifenden Perspektive adressiert und aktuelle gesellschaftliche Themen und Entwicklungen integriert. Hier gibt es viele Überschneidungen zu den Themen, mit denen ich mich beschäftige und so habe mich dort beworben.
Highlights gab es in dieser Zeit sehr viele: Die internationale Community der Studierenden und Fakultät, die Zusammenarbeit der verschiedenen NYU-Standorte weltweit und nicht zuletzt die unglaubliche Aufbruchstimmung vor Ort, befördert durch ein neues Selbstbewusstsein der Golfstaaten und den Anforderungen an große wirtschaftliche wie gesellschaftliche Transformationen – dass sogar schon vom „Gulf Moment“ gesprochen wird.
Ein internationales Umfeld kenne ich ja schon von der MBS, auch sind die Gruppengrößen vergleichbar klein und – ähnlich wie an der MBS – wird großen Wert auf Unterrichtsqualität gelegt. Der amerikanische Ansatz der Liberal-Arts Education ist jedoch ganz anders als das sehr fokussierte BWL-Studium. Dabei können Studierende im ersten Studienjahr aus einer Vielzahl von Grundlagenfächern über alle Disziplinen hinweg Kurse wählen. Ziel ist es, kritisches Denken zu befördern und sich komplexe Themen zu erarbeiten. Erst später wird dann ein spezifisches Fach zur Berufsqualifikation gewählt.
Wenn es überhaupt ein Lowlight gab, dann eines, das mir im Vorhinein bewusst war – und zwar die mit unserem Aufenthalt verbundene Logistik. Wir sind mit drei kleinen Kindern umgezogen, das hieß neue Schulen, Kindergärten, eine neue Sprache, Wohnung einrichten, Führerschein ummelden, Krankenversicherung und und und. Aber unsere Erfahrungen waren definitiv all diesen Aufwand wert, weshalb wir uns dazu entschieden haben, unseren Aufenthalt in den Emiraten zu verlängern.
MBS Insights: Konnte Ihr Aufenthalt an der New York University Abu Dhabi auch bezogen auf Ihre Forschung neue Impulse, Netzwerke oder sogar Ideen für zukünftige Forschungsprojekte ins Rollen bringen?
Prof. Dr. Barbara Scheck: Ich beschäftige mich in meiner Forschung wie in meinen Praxisprojekten mit der Finanzierung gesellschaftlicher Innovationen – und denjenigen, die dies vorantreiben, nämlich Sozialunternehmer*innen, soziale Investor*innen und innovative staatliche Akteur*innen. Auch vor diesem Hintergrund ist die Zeit in Abu Dhabi sehr spannend: Die Großzahl der Studierenden kommt aus sog. „Emerging Markets“, v.a. aus der MEASA-Region (Middle East, Africa, South-East Asia). In diesen Ländern leben schon jetzt weltweit die meisten Menschen, wird 100% des zukünftigen Bevölkerungswachstums stattfinden und sind die Gesellschaften mit den damit verbundenen Herausforderungen konfrontiert. Daher sind die Studierenden sehr daran interessiert, welche Lösungsansätze, Techniken und Finanzierungsmöglichkeiten es für gesellschaftliche Innovationen gibt, um dieses Wissen mit zurück in ihre Heimatländer zu nehmen.
In Abu Dhabi selbst gibt es auch eine Reihe von Initiativen und Aktivitäten um dieses Thema: So wird bspw. die diesjährige Klimakonferenz COP 28 in den Emiraten stattfinden und es gibt verschiedene staatliche Initiativen, um einen Sozialunternehmersektor aufzubauen oder Impact Investments zu fördern. Diese neuen Erfahrungen und anderen Perspektiven auf das Thema sind natürlich sehr bereichernd und tragen zu neuen Ideen für zukünftige Fragestellungen und Projekte bei.
MBS Insights: Was ist Ihr Ansatz, um Ihre Forschung relevant für die Praxis und insbesondere auch interessant für Studierende zu machen und dementsprechend zu vermitteln?
Prof. Dr. Barbara Scheck: Mein Anspruch in der Lehre ist es, alle Themen so zu unterrichten, dass Studierende die Relevanz für ihr eigenes Leben oder zukünftige Berufsperspektiven erkennen. Hierfür erläutere ich alle Inhalte an praktischen Beispielen, lade Gastredner*innen in die Vorlesung ein oder vertiefe Themen durch Fallstudien. Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang auch, dass die Studierenden ihr eigenes Interesse am Stoff einbringen können. So lasse ich bspw. bei der Analyse von Impact-Sektoren den Studierenden die Wahl, den Bereich zu wählen, der sie persönlich am meisten interessiert. Zusätzlich fördere ich die Arbeit an praktischen Fragestellungen in Teams – in Impact-Investing-Kursen z. B. bei der Analyse potenzieller Investments oder im Entrepreneurship-Bereich durch die Entwicklung eigener Start-up-Ideen.
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