Digitale Nomaden: Unternehmer, Freelancer und in seltenen Fällen auch Angestellte, die fast ausschließlich digitale Technologien anwenden, um ihrer Arbeit nachzugehen und somit die Möglichkeit haben, ein ortsunabhängiges oder multilokales Leben zu führen. Sie arbeiten von den verschiedensten Orten – zu Hause, vom Coworking Space, am Strand, von der Hängematte im Garten oder in einem Café – die Möglichkeiten sind vielfältig.
Die zunehmende Fokussierung auf eine ergebnisorientierte Arbeitsweise wie auch die neuen Flexibilisierungsmöglichkeiten in Bezug auf Arbeitszeit und Arbeitsort fördern die Möglichkeiten ortsunabhängigen Arbeitens. Weitere Treiber dieser neuen Arbeitsweise sind sowohl der zurzeit stattfindende Wertewandel bezüglich der Art und Weise, wie Menschen arbeiten und leben möchten als auch die Digitalisierung, welche neue Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen ermöglicht.
Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden in diesem Zusammenhang folgende Fragen untersucht: Was sind Chancen und Herausforderungen der Arbeitsweise als Digitaler Nomade? Wie hängt dieses Konzept des Arbeitens mit dem persönlichen Glück zusammen? Die Berufsbilder Digitaler Nomaden stellen sich als sehr vielfältig heraus. Allen Interviewten gemeinsam war, dass sie im Dienstleistungssektor tätig sind. Sie gehen den Berufen Texter/Lektor, Autor, IT-Consultant, Webdesigner/Webdeveloper, Coach/Online-Berater; Strategieberater, Online-Psychologe, Influencer und Blogger nach. Manche Befragte bezeichneten sich auch als „Passion-Founder“ oder „Behavior-Designer“.
In den Interviews nannten die meisten Digitalen Nomaden die Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung und Freiheit als die größten Vorteile ihrer Lebensweise. Sie können selbst entscheiden, wann, wo und mit wem sie arbeiten möchten. Dies wirke sich insbesondere positiv auf die Produktivität als auch auf die Persönlichkeitsentwicklung aus. So stellte Bastian Barami fest: „Deswegen denke ich, dass der Vorteil an Digitalem Nomadentum eben diese Autonomie ist und dass man sich eben ein Umfeld schaffen kann, von dem man selbst unglaublich profitiert (auch mental).“ Daniel Karim kam zu einer ähnlichen Feststellung: „Jetzt habe ich wirklich so einen Zirkel an Mentoren um mich herum. Die Leute, mit denen ich Kaffee trinken gehe, sind Dichter, Professoren und Künstler. Du schaffst dir dadurch einfach so ein besonderes Umfeld.“
Die Interviewpartner erwähnten sehr häufig, dass sie einer Tätigkeit nachgehen, welche sie als bedeutsam und sinnhaft empfinden. So sagte Daniel Karim: „Ich würde sagen, viele Digitale Nomaden haben Passionsprojekte, welche sie verfolgen. Sie sind Blogger, Schriftsteller oder Entrepreneure, die wirklich mit Herzblut hinter dem stehen, was sie machen.“ Zum Zusammenhang zwischen Sinnhaftigkeit und Glück äußerte sich auch Dr. Tal Ben Shahar, Professor der Harvard Universität: „Happiness lies in the intersection between pleasure and meaning. Whether at work or at home, the goal is to engage in activities that are both personally significant and enjoyable. “
Einige Interviewpartner führten auch Nachteile des digitalen Nomadentums an. Diese lagen besonders in der Schwierigkeit, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten oder beim Thema Sicherheit. Tatsächlich sah darin aber lediglich eine Minderheit ein Defizit, sondern verstand diese Nachteile eher als Herausforderungen, um an diesen persönlich zu wachsen. Coworking-Spaces wurden beispielsweise als Orte beschrieben, an denen man mit Gleichgesinnten in Kontakt kommen und dem Gefühl von Einsamkeit entgegenwirken kann. Finanzielle Unsicherheiten stellten ebenfalls keinen gravierenden Nachteil dar, da die Mehrheit auf innere Sicherheit und somit die eigenen Fähigkeiten vertraut.
Ein weiterer genannter Vorteil, welcher mit dem Digitalen Nomadentum einhergeht, ist das Konzept der Geo-Arbitrage: Digitale Nomaden haben häufig den Vorteil, in einem Land mit niedrigen Unterhaltskosten zu leben, während sie ihr Geld in einkommensstarken Ländern verdienen. Bastian Barami sagte: „Du hast einen viel höheren Lebensstandard und weißt auch, du musst viel weniger verdienen, als du müsstest, wenn du den gleichen Lebensstandard an anderen Orten haben wolltest.“
Ein weiterer Begriff, welcher häufig im Zusammenhang mit Digitalem Nomadentum genannt wurde, ist das Konzept des sogenannten „Lifestyle-Designens“. Dieser bedeutet, dass der Wunsch besteht, ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen und sich nicht durch gesellschaftliche Erwartungen leiten zu lassen. So sagte Daniel Karim beispielsweise: „Ich habe vor ein paar Jahren angefangen, für mich ein Lebenskonstrukt zu bauen, was für mich attraktiv ist und worin ich glücklich werden will, und für mich war Reisen immer ein großer Teil davon.“
Obwohl sich in den Gesprächen herauskristallisierte, dass Digitale Nomaden freiheitsliebende Menschen sind, so sehnen sich alle interviewten Personen langfristig allerdings doch mindestens nach einer Basis, die sie als ihr Zuhause bezeichnen können. Diesen Aspekt fasst die Aussage von Cedric Waldburger so zusammen: „So for me travelling has never been the end goal. For me travelling and not having a constant home has been a means to an end. The end was to provide as much value as possible to my projects. “ Digitales Nomadentum wird demnach als ein Weg angesehen, um über sich selbst hinauszuwachsen und seiner inneren Intuition zu folgen.
Die Möglichkeit, die Welt zu bereisen und dabei gleichzeitig seine beruflichen und persönlichen Träume zu realisieren, ist demnach nicht mehr utopisch. Was man dafür benötigt? Mut, Offenheit, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Die Studie zeigt, dass das Modell des ortsunabhängigen Arbeitens eine realistische Alternative zum Angestelltenverhältnis sein kann. Es hat das Potenzial, den Bedürfnissen der Generation Y gerechter zu werden – und einen möglichen Weg zum individuellen Glück darzustellen.
Bastian Barami ist bekannt in der Online Unternehmer Szene. Er bezeichnet sich als Digitaler Nomade und legt sich bewusst nicht auf ein Geschäftsfeld oder Geschäftsmodell fest. Nach zwei abgebrochenen Studiengängen und einem Bürojob in einer Tourismusagentur hat er sich durch Amazon FBA ein ortsunabhängiges Business aufgebaut. In den letzten Monaten hat er sich auf sein Airbnb Business fokussiert und den Aufbau in einem umfangreichen Online Kurs „Mit Airbnb um die Welt“ dokumentiert. Im Rahmen dieses Kurses gibt er Menschen, die ebenfalls Airbnb als Geschäftsmodell nutzen wollen, ein Blueprint in die Hand. Auf seinem Blog Officeflucht berichtet er über seine Erfahrungen und motiviert andere Menschen, ihr eigenes Business zu starten. Zudem tritt er häufig auf Konferenzen als Public Speaker auf.
Daniel Karim (29 Jahre) hat ursprünglich Psychologie studiert. Heute ist er Autor, Online-Psychologe/ Behavior-Designer und Blogger. Sein Blog beinhaltet einen Psychologie-Podcast und Book Club, in dem er Buchrezensionen teilt. Er ist seit annähernd drei Jahren Digitaler Nomade und reist um die Welt, um herauszufinden, was Menschen auf der ganzen Welt glücklich macht.
Cédric Waldburger (31) ist Unternehmer, Investor und Blogger. Er gab vor zwei Jahren seine Wohnung in der Schweiz auf, reist seitdem um die Welt und ist maximal vier Tage hintereinander an einem Ort. Er ist Gründer bzw. Mitgründer von fünf Unternehmen (Mediadesign AG, Sendtask, Glimpse Corp., DFINITY Foundation und von Tenderloin Ventures AG). Persönlich ist er Vertreter eines minimalistischen Lebensstils und besitzt insgesamt nur 64 Dinge.
Dr. Tal Ben-Shahar (49 Jahre) ist Professor an der Harvard Universität und unterrichtet dort „Positive Psychology“ und „The Psychology of Leadership“. Zudem hat er umfangreiche Forschungen zum Thema Glück unternommen und ist Autor internationaler Bestseller:
- Happier: Learn the Secrets to Daily Joy and Lasting Fulfillment
- The Joy of Leadership: How Positive Psychology Can Maximize Your Impact in a Challenging World
- Pursuit of Perfect: Stop Chasing Perfection and Discover the True Path to Lasting Happiness
Neben seinem Beruf als Lehrer und Autor ist er Co-Founder der „Happiness Studies Academy“.
Sophia Salimi, MBS Absolventin Master International Business
Prof. Dr. Christian Schmidkonz, Studiengangsleiter Master International Business