6 Tipps: Wie nutze ich Rankings zur Hochschulwahl?

Immer wieder machen Hochschulrankings von sich reden – vor allem für Business Schools spielen sie eine wichtige Rolle. Die einen sehen sich durch die Ergebnisse bestätigt, andere wundern sich. Wer oben steht oder aufgestiegen ist, wirft die PR-Maschine an. Wer abgestiegen ist oder fehlt, ignoriert das Ranking oder stellt die Methodik in Frage. Teilweise folgen hitzige Diskussionen in Internet-Foren, die nicht immer von Sachlichkeit und Sachkenntnis geprägt sind.

Fakt ist: Hochschulrankings werden aus unterschiedlichen Motiven erstellt. Für Medien (z.B. Financial Times, WirtschaftsWoche) sind sie fester Bestandteil ihres jährlichen Redaktionsplans und locken Käufer und Anzeigenkunden. Andere Ranking-Herausgeber stellen die Interessen von Studieninteressenten bei der Studienwahl in den Vordergrund (z.B. CHE-Ranking) oder versuchen, Forschungsleistungen international vergleichbar zu machen (z.B. Shanghai-Ranking).s

Studieninteressenten, die Rankings für ihre persönliche Einschätzung oder Entscheidungsfindung nutzen möchten, sollten folgende Tipps beherzigen:

Tipp 1: Verschaffen Sie sich einen Überblick, von wem das Ranking erstellt wurde und was die Zielsetzung ist

Die Datengrundlage für ein Ranking ist ein wesentlicher Gesichtspunkt. Handelt es sich um eine Befragung oder beruhen die Ergebnisse auf objektiven Daten? Wenn es eine Befragung war: Wer wurde befragt? Wenn es Daten sind: Wer hat die Daten geliefert? Wurden objektive, öffentlich zugängliche Daten untersucht oder wurden diese von den Hochschulen selbst zur Verfügung gestellt? Das WirtschaftsWoche-Ranking beispielsweise befragt jährlich Personalverantwortliche aus der Unternehmenspraxis, während das CHE-Ranking die Ergebnisse einer studentischen Befragung mit objektiven Daten (öffentlich zugänglich, vermischt mit Hochschuldaten) kombiniert.

Tipp 2: Schauen Sie nicht nur auf die Platzierungen im Ranking, sondern achten Sie auch auf die Methodik und das Kleingedruckte

Listet ein Ranking eine Hochschule nicht unter den Top Universitäten auf, kann es daran liegen, dass die Hochschule tatsächlich ein schlechtes Ergebnis erzielt hat; der Grund könnte aber auch sein, dass die Hochschule vom Herausgeber des Rankings gar nicht berücksichtigt wurde. So sind gelegentlich bestimmte Akkreditierungen Grundvoraussetzung für das Einbeziehen in ein Ranking (z.B. Financial Times). Manchmal beteiligen sich Hochschulen auch bewusst nicht an Rankings. Eine Hochschule, die nicht gelistet ist, ist daher nicht zwangsläufig schlechter als die gerankten Institutionen.

Wichtig für die Interpretation eines Rankings ist auch die organisatorische Einheit, die untersucht wurde: Ist es die Universität als Ganzes (z.B. Shanghai-Ranking), ist es ein bestimmter Fachbereich (z.B. CHE-Ranking) oder gar nur ein bestimmter Studiengang (z.B. Financial Times).

Tipp 3: Wenn „Ihre“ Hochschule nicht unter den Top-Hochschulen ist: Versuchen Sie herauszufinden, ob diese überhaupt im Ranking berücksichtigt wurden

Basis von Rankings sind häufig mehrere Kriterien, die mit bestimmten Gewichtungen zueinander versehen und danach in einer einzigen Tabelle verdichtet dargestellt werden. Hier ist es wichtig, die Frage nach den zugrundeliegenden Kriterien zu stellen und welche Gewichtung diese zueinander haben? Zudem gibt es Kriterien, die man nur im Kontext richtig interpretieren kann. So nutzen manche Rankings beispielsweise den Gehaltszuwachs von Absolventen nach dem Studium als Grundlage. Dass hier eine europäische Hochschule besonders gute Ergebnisse erzielt, die einen signifikanten Anteil von Studierenden aus Entwicklungsländern hat, die nach dem Studium in Europa arbeiten, ist nachvollziehbar. Der zu erwartende Gehaltszuwachs eines Westeuropäers dürfte deutlich niedriger liegen.

Auch das Kriterium erzielter Durchschnittsgehälter von Absolventen ist mit Vorsicht zu genießen: So sind die in verschiedenen Branchen erzielten Gehälter durchaus unterschiedlich. Eine Hochschule, deren Absolventen nach dem Studium vorzugsweise ins Investment Banking gehen, wird hier vergleichsweise gut abschneiden. In diesem Zusammenhang ebenfalls interessante Aspekte können sein: Wie nahe liegen die einzelnen Plätze beieinander? Gibt es zwischen Platz 1 und Platz 10 wirklich einen signifikanten Unterschied?

Tipp 4: Hinterfragen Sie die Kriterien des Rankings und machen Sie nicht den Fehler, zu generalisieren

Gute Rankingergebnisse werden gerne mit einer Pressemeldung gefeiert, auch mäßige Ergebnisse werden häufig wohlwollend „interpretiert“ – was durchaus legitim ist. Fast immer gibt es eine Sichtweise, in der die eigene Hochschule gut dasteht. Ein Beispiel: Stolz berichten Pressemeldungen von einem ersten Platz im CHE-Ranking. Dumm nur, dass das CHE-Ranking multidimensional ist und in jeder Dimension nur eine von insgesamt drei Bewertungen vergibt. Der Gedanke hinter dem CHE-Ranking ist gerade, dass es nicht „den Ersten“ gibt, sondern dass sich jeder Nutzer aufgrund seiner persönlichen Präferenzen eine individuelle Rangfolge erstellen kann. Auch gerne gemacht und oft gesehen: Einzelne Kriterien eines Rankings werden herausgegriffen, andere komplett ignoriert.

Tipp 5: Lesen Sie die Originalquelle des Rankings und verlassen Sie sich nicht auf die Interpretation aus zweiter Hand

Schließlich die wichtigste Frage: Was bedeutet das Ranking für mich? Wer ein Studium sucht, das gut auf den Arbeitsmarkt vorbereitet, sollte sich eher an der Meinung von potentiellen Arbeitgebern orientieren (z.B. WirtschaftsWoche). Wer eine akademische Karriere als internationaler Forscher anstrebt und einen passenden Master-Studiengang sucht, dem können Forschungsrankings (z.B. Shanghai-Ranking) eine Orientierung geben. Wer sich für ein internationales Studium interessiert, der achtet speziell auf die Dimension „Internationalität“ in den Kriterien von Rankings (z.B. CHE-Ranking).

Tipp 6: Setzen Sie die Aussagen des Rankings immer in Beziehung zu Ihren eigenen Präferenzen

Die Wahl einer Hochschule sollte nie aufgrund von Rankings allein erfolgen. Wer die genannten Tipps beherzigt, dem können Rankings jedoch wertvolle Orientierungshilfen zur Studienwahl geben.

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Über Prof. Dr. Stefan Baldi 16 Artikel
Prof. Stefan Baldi ist Dekan der Munich Business School seit März 2002. 1984 bis 1990 Studium der Informatik an der TU Clausthal und dem Karlsruher Institut für Technologie (Diplom-Informatiker), 1996 Promotion zum Dr. rer. pol. in Betriebswirtschaftslehre an der TU Ilmenau. Von 1990 bis 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel sowie selbständiger Berater und Trainer im Bereich Informationssysteme.